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Elaphomycetaceae, Hirschtrüffel
1 Versteckt und doch wieder nicht (TP)
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Dort, wo für Trüffel[1] der Boden gemeinhin zu sauer,
Den pH[2] Magnesium und Calcium nicht deutlich erhöh’n
Dort fühlt sich Elaphomyces[6], der Hirschtrüffel Gattung,
Die dieser Delikatesse wegen, den Grund zerscharren und -wühlen.
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Gibt sich ein Wanderer Mühe, durchmustert aufgebrochene Stellen,
Wühlt vielleicht selbst noch am Rande der Scharre[9] ein bisschen noch weiter,
Findet er, wenn er ausdauernd sucht, mit einigem Glück
Irgendwie braune, gelegentlich warzige, kleinere Knollen,
Eingebettet in Körbchen
Wiederholt sich verzweigender Wurzeln;
Wären Mikroskop ihm und Lupe zur Hand
Sähe bestimmt er Ektomykorrhizen[10] daran.
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Doch manchmal stößt er auf Knollen mit dottergelbem Mycel[11]
Und glaubt – sicher zurecht – eines fremden Pilzes Hyphen[12] zu seh‘n,
Die er tiefer noch in der Hirschtrüffel Fruchtkörper[13] treibt
Und sich mit allem, was dem eignen Ascoma[14] so nötig, bedient.
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Viel entzieht er dem Opfer für seine Fruchtkörper,
Die er, dicht versammelt zum Köpfchen[15],
Auf langem Stiel ganz in der Nähe der aufgebrochenen Stelle
Dem Wanderer, so als wäre er einer der Frömmsten, einfach entgegenreckt[16].
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Doch sein aufdringliches Wirken kosten Hirschtrüffelsporen[17] das Leben,
Kollabieren, bleiben verloren, ob von Rehen gefressen
Oder trotz heftigen Scharrens im Boden vergessen;
Sie haben dem Kreislauf des Lebens bereits sich ergeben.
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Fußnoten
[1] Echte Trüffel: Tuber spp. (Tuberaceae; nicht separat behandelt – Pezizomycetes – Pezizomycotina – Ascomycota – Dikarya –…)
[2] pH-Wert: Abkürzung für Potential des Wasserstoffs; Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung. Je höher die Konzentration der Wasserstoffionen (H+) in der Lösung ist, desto niedriger ist der pH-Wert, desto saurer ist die Lösung, je höher der pH-Wert, desto basischer; er schwankt zwischen 0 und 14. Reines Wasser hat einen pH von 7
[3] Gemeine Fichte: Picea abies (Pinineae – Pinales – Conifera – Coniferopsida – Spermatophytina –…)
[4] Rotbuche: Fagus sylvatica (Fagaceae – Fagales – ZyFaRoFaCu-Verwandtschaft – Rosanae – Rosidae –…)
[5] Saurer pH: pH (Potential des Wasserstoffs) von 0 bis kleiner 7
[6] Elaphomyces: Hirschtrüffel (Elaphomycetaceae – Eurotiales – Eurotiomycetidae – Eurotiomycetes – Bitunicate Ascomycota –…)
[7] Wildschwein: Sus scrofa (Suidae – Suina – Artiodactyla – Übrige Cetartiodactyla – Cetartiodactyla –…)
[8] Reh: Capreolus (Cervidae – Pecora – Ruminantia – Cetruminantia – Übrige Cetartiodactyla –…)
[9] Scharre: Stelle, an der Tiere (Rehe, Schweine, etc.) mit Füßen oder Rüssel den Boden oberflächlich aufgekratzt, aufgewühlt haben
[10] Ektomykorrhiza: Eine Symbiose, Mykorrhiza, aus Pilzen (-myko-) und Pflanzenwurzeln (-rhiza). Bei dieser Mykorrhiza wachsen die Hyphen ausschließlich in den Zellwänden der Wurzel (Ekto-; außerhalb des Zellinneren). Der Molekültransfer (Wasser und Nährionen vom Pilz zur Wurzel; Zucker und andere Substanzen von der Wurzel zum Pilz) erfolgt über ausgedünnte Zellwände (Restzellwände) beider Partner. Hyphen bilden außerdem eine dichte Hülle (Mantel) um die Wurzel, aus der Hyphen in den Boden hineinreichen, über die Wasser und Nährionen an die interzellulär wachsenden Hyphen und letztlich an die Wurzel gehen; oftmals stehen vom Mantel auch Cystiden (Mantelcystiden) ab.
[11] Mycel: Gesamtheit dicht oft wachender Hyphen
[12] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände
[13] Fruchtkörper: Komplexe Hyphengeflechte, die Überdauerungsorgane, Konidien oder Sporangien enthalten oder diese oberflächlich tragen
[14] Ascoma, Ascomata: Fruchtkörper der Pezizomycotina
[15] Sammelfruchtkörper: Viele einzelne Fruchtkörper werden durch gametophytisches Mycel, durch ein Stroma, zu einem zusammengesetzten Gebilde vereint
[16] Ophiocordyceps: Kernkeulen (Cordycipitaceae – Hypocreales – Hypocreomycetidae – Sordariomycetes – Perithecienascomycota –…)
[17] Hirschtrüffel: Elaphomyces (Elaphomycetaceae – Eurotiales – Eurotiomycetidae – Eurotiomycetes – Bitunicate Ascomycota –…)
Eingestellt am 15. März 2025
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Elaphomyces granulatus, Körniger Hirschtrüffel (Originale; Reinhard Agerer)
Oben: Hypogäische, aus sandigem Boden mit Wurzelumhüllung ausgegrabene Fruchtkörper; gelbliche Peridie teilweise in Aufsicht; aufgeschnittenes Exemplar zeigt die schwärzliche, noch nicht pudrig gewordene Gleba, hervorgerufen von schwärzlich-dunkelbraunen Sporen, umgeben von der innen weißlichen, außen gelben Peridie.
Unten: Oberfläche eines Fruchtkörpers mit dicht angeordneten Ektomykorrhizen (hellbraun) anstelle der Peridie, zum Teil umgeben von weißlichem Mycel.
Eingestellt am 15. März 2025
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Elaphomycetaceae, Hirschtrüffel
2 Innenleben (TP)
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Kein Hymenium[3] zwang sie in Reihe, aus deren Ordnung sie sich hätten befreit;
Blähten, weil zur Streckung drängelnde Nachbarn fehlten,
Zur Kugel mit Stielchen sich auf,
Geben, sie selbst verschwinden beizeiten,
Den Sporen Freiheit, damit sie am Ende fertiggereift.
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Wie Puder liegen sie, geschützt von dickwandiger Hülle,
Warten bis Fuß oder Rüssel nach ihnen gräbt,
Ein Mund sie zermanscht, verschluckt und doch nicht verdaut,
Um andernorts wieder das Freie zu finden.
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Zumeist aber liegen sie längst schon im Magen
Bevor zu schwarzbraunem Staub die Trüffel[4] zerfiel.
Bleibt eine einzelne Knolle, ein Stück,
Dem Boden entnommern, irgendwo liegen,
Wird schwärzliches Pulver, vielleicht ihr zum Glück,
– Wenn Winde es nehmen, ein wenig verwirbeln,
Auf längerer Reise es wohlwollend wiegen,
Bis es in Baumesnähe zu Boden sacht fällt,
Es Regen verwäscht, Sporen in Ritzen verschwinden,
In Wurzelnähe hoffentlich landen, vielleicht an diesen gar sich schon finden,
Dann ohne zu zögern, dort sich Hyphen an Zucker bedienen –
Ihr zum Glück mit einem Baum ein unzertrennliches Paar[5].
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Wer weiß, was der Sporen Netze, Stacheln und Grate[6]
Für einen Vorteil Elaphomyces[7] beim Aussäen bringt?
Bleiben damit im Boden sie leichter wurzelnah hängen,
Bringen sie Auftrieb bei leiserem Wind?
Oder erweisen sie doch sich als Schutz,
Wenn es im Darm zu heftig rumort?
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Fußnoten
[1] Ascus, Schlauch: Meiosporangium der Ascomycota
[2] Trama (Fungi): Steriles Hyphengeflecht als Formgeber des Fruchtkörpers und Träger des Hymeniums
[3] Hymenium (Fungi): geschlossene Schicht von Asci oder Basidien mit, falls vorhanden, dazwischenstehenden sterilen Elementen, Paraphysen (Ascomycotina) oder Cystiden (Agaricomycotina)
[4] Hirschtrüffel: Elaphomyces (Elaphomycetaceae – Eurotiales – Eurotiomycetidae – Eurotiomycetes – Bitunicate Ascomycota –…)
[5] Zur Ektomykorrhiza: Eine Symbiose, Mykorrhiza, aus Pilzen (-myko-) und Pflanzenwurzeln (-rhiza). Bei dieser Mykorrhiza wachsen die Hyphen ausschließlich in den Zellwänden der Wurzel (Ekto-; außerhalb des Zellinneren). Der Molekültransfer (Wasser und Nährionen vom Pilz zur Wurzel; Zucker und andere Substanzen von der Wurzel zum Pilz) erfolgt über ausgedünnte Zellwände (Restzellwände) beider Partner. Hyphen bilden außerdem eine dichte Hülle (Mantel) um die Wurzel, aus der Hyphen in den Boden hineinreichen, über die Wasser und Nährionen an die interzellulär wachsenden Hyphen und letztlich an die Wurzel gehen; oftmals stehen vom Mantel auch Cystiden (Mantelcystiden) ab.
[6] Oberflächenstrukturen
[7] Elaphomyces: Hirschtrüffel (Elaphomycetaceae – Eurotiales – Eurotiomycetidae – Eurotiomycetes – Bitunicate Ascomycota –…)
Eingestellt am 15. März 2025
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Elaphomyces granulatus, Körniger Hirschtrüffel
A und B. Reife Fruchtkörper mit Kiefernwurzel. – C. Reifer Fruchtkörper von außen. – D. Längsschnitt durch einen beinahe reifen Fruchtkörper. – E. Ascus.
Aus Gäumann (1926), Seite 195, Abb. 119. Lizenzfrei wegen des Alters der Publikation.
Eingestellt am 15. März 2025
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