Pleosporaceae, Vollsporpilze i.e.S.

1 Teuflische Tat (AP)

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Wie ringt man wehrhafte Völker, Bewohner von Städten,

Die dennoch dem Feind unterlegen, endgültig nieder?

Man nimmt ihnen die nötige Nahrung, hungert sie aus,

Bewirft sie mit Steinen und Bomben,

Oder verteilt der Getreideschmarotzer verderbenbringende Sporen,

Damit sie erkennen, es gibt keine Hilfe, es sei denn vom Himmel[1] herab.

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So sei es im großen, weltumspannenden Krieg[2]

Japans Bewohner ergangen mit ihrem unverzichtbaren Reis[3],

Als Cochliobolus miyabeanus[4] auf ihre Felder sich niederließ.

Nicht per Zufall! Von oben mit Absicht geschickt!

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Doch wer konnte und wollte die Folge der Tat überprüfen?

Lastete auf des Schmarotzers Gewissen

Doch bereits der Tod von Millionen Bengalen[5], als ihres Reises Ertrag

Um mehr als die Hälfte zusammenbrach.

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Auch in Afrika, nicht nur in Asien,

Bringt er Unterernährung, mitunter den Tod,

Wenn er konidiengetrieben[6] Blätter befällt

Und mit bräunenden Stellen gegen der Körner Füllung sich stemmt.

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Mit Toxinen[7] vergilbt er Zellareale um sich herum,

Bevor er in Saus und Braus für die Konidien lebt.

Formt sie langgezogen ellipsoid

In Reihe, mit Septen[8] mehrfach geteilt,

Verschmäht jede Stelle die einmal geboren[9],

Gibt jeder von ihnen den eigenen Platz.

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Er tanzt aus der Reihe, vergleicht man die anderen Arten;

Lebt auf, wenn es der Pflanze ohnehin nicht gut geht:

Ihr der Boden zu trocken, doch mit Tau auf den Blättern,

Temperaturen vergleichsweise kühl,

Der Boden nicht bestens mit Nährstoff versorgt,

Mangan[10], Stickstoff, Kalium, Phosphor[11] ihr fehlt.

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Formt er Pseudothecien[12] auf Überbleibseln von Blättern und Stengeln,

Treibt er mit zylindrischer Mündung sie schwarz aus ihnen hervor,

Umgibt sie mit Setae[13] und Hyphen[14] – schlau dieser Schlingel! –

Gebiert, so wird darüber berichtet,

An manchen von ihnen Konidien;

Geht – wie raffiniert – doppelstrategisch in das Gefecht!

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Der Gattung Verderber beschränken beileibe sich nicht

Auf Reis in warmen Gebieten der Erde:

Zu Mais[15],[16], Weizen[17] und anderen Gräsern, zieht es sie hin,

Bewirken mit allerlei Giften, dass nichts so werde wie gerne gewollt.

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Fußnoten

[1] Das Englische Heaven, nicht Sky

[2] Zweiter Weltkrieg: 1. September 1939 – 8. Mai 1945

[3] Reis: Oryza sativa (Oryzoideae – BOP-Verwandtschaft – Poaceae – Poineae – Poales –…)

[4] Cochliobolus miyabeanus: Erreger der Braunfleckenkrankheit bei Reis (Pleosporaceae – Pleosporales – Dothidiomycetes – Bitunicate Ascomycota – Inoperculate Ascomycota –…)

[5] Bengalen: Geografische Region im Nordosten des indischen Subkontinents; im heutigen Sprachgebrauch wird darunter meist das bengalische Sprachgebiet verstanden, während die Grenzen der Region nicht klar definiert sind

[6] Konidie: Asexuell und nach außen gebildete Verbreitungseinheit

[7] Mykotoxine: Von Pilzen produzierte Giftstoffe

[8] Quersepten: Zellwände quer eines Fadens

[9] Keine wiederholte Bildung an ein und derselben Stelle

[10] Mangan: Gelangt als Mn2+bei Silikatverwitterung in die Bodenlösung und wird als solches aufgenommen

[11] Phosphat, [PO43−]: Als Ion vorliegend, oder an andere Atome oder Moleküle gebunden

[12] Pseudothecium: Viele Arten lassen zunächst in einem geschlossenen Primordium, einzelne Hymenien durch je eine Gametangiogamie entstehen, die durch sterile Ränder getrennt sind; lassen die trennenden Bereiche bei Reife und beim Öffnen verschwinden, so dass ein einziges, durchgehendes Hymenium vorgegaukelt wird

[13] Seta, Setae, Seten (allgemein): Nadelförmiges, dickwandiges Trichom oder Ende davon

[14] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände

[15] Mais: Zea mays (Panicoideae – BOP-Verwandtschaft – Poaceae – Poineae – Poales – …)

[16] Cochliobolus heterostrophus: Erreger der Blattfleckenkrankheit an Mais (Pleosporaceae – Pleosporales – Dothidiomycetes – Bitunicate Ascomycota – Inoperculate Ascomycota –…)

[17] Saatweizen: Triticum sativum (Triticeae – Poideae – BOP-Verwandtschaft – Poaceae – Poineae – …)

Eingestellt am 15. März 2025

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Pleosporaceae, Vollsporpilze i.e.S.

2 Dunkle Gesellen (AP)

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Hyphenenden[1] blähen sich auf,

Werden zu kräftigen Keulen;

Sind sich selbst als Zelle zu groß,

Zu groß das Risiko bald zu zerbrechen,

Alles, was sie gesammelt, schnell zu verlieren,

Unterteilen wie mit Mauer deswegen ihr Gut.

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Schon hat sie sich dunkel getarnt,

Ihre Rüstung übergezogen,

Da beult sie schon wieder am schmalen Ende sich aus

Und treibt eine Hyphe hervor;

Auch sie wird wieder wie ihre Mutter:

In Ketten steh’n sie mit Nachbarn zuhauf.

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Ihr dünnes Ende wie ein Schwänzchen verlängert,

Entragt dem darunter stehenden Kopf;

Doch zur Zierde sind sie bestimmt nicht geworden,

Nehmen Abschied. Der Wind packt sie beim Schopf.

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Treibt sie überall hin,

Obwohl sie am Boden geboren,

An Resten von Pflanzen bescheiden sich nährten;

Fliegen trotz ihrer Größe beträchtlich und weit,

Landen, das Fenster zum Lüften stand offen,

An einer feuchten Tapete, in der Dusche, im Bad.

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Dort fühlt Alternaria[2] sich wohl,

Findet genügend zur Nahrung,

Lebt von Fasern, Resten von Seife, Schuppen und Horn,

Gern auch von Weichmachern[3] im Silicon[4],

Solange Feuchte Zeit dazu lässt,

Genügsam für immer davon.

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Ärgerlich wird der Duscher im Bad,

Sieht er in Kanten und Ecken

Mächtige Streifen schwarzen Belags;

Schrubbt, entfernt sie, solang er noch kann.

Am Ende wird er zum Messer wohl greifen,

Zu ersetzen das hässliche Altsilicon. –

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Doch nicht sie allein bewirkt die unappetitlich lästigen Streifen,

Cladosporium[5] hilft gerne noch mit;

Auch seine Konidien wurden vom Wind durch

Spalten ins Zimmer geblasen,

Und nimmt, anstelle von pflanzlicher Streu

Mit menschengemachten Nischen vorlieb.

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Fußnoten

[1] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände

[2] Alternaria alternata: Pleosporaceae (Pleosporales – Dothidiomycetes – Bitunicate Ascomycota – Inoperculate Ascomycota –…)

[3] Weichmacher: Stoffe, die spröden Materialien zugesetzt werden, um sie weich, biegsam oder dehnbar zu machen, damit sie einfacher zu bearbeiten sind oder bestimmte Gebrauchseigenschaften erreichen; häufig werden Ester der Phthalsäure und der Phosphorsäure eingesetzt.

[4] Silicon(e): Eine Gruppe synthetischer Polymere, bei denen Siliciumatome über Sauerstoffatome verknüpft sind. Es können Molekülketten und/oder Netze auftreten. Die restlichen freien Elektronen des Siliciums sind dabei durch Kohlenwasserstoffreste (meist Methylgruppen) abgesättigt.

[5] Cladosporium spp.: Davidiellaceae; nicht separat behandelt (Capnodiales – Dothidiomycetes – Bitunicate Ascomycota – Inoperculate Ascomycota –…)

Eingestellt am 15. März 2025

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Alternaria und Cladosporium; Schwärzepilze feuchter Wände (Originale; Reinhard Agerer)

Oben: Mauerförmige, geschwänzte Konidien von Alternaria; Pfeil zeigt auf Bildungsstelle einer Konidie (Kultur)

Unten: Petrischale mit Nähragar befüllt, in einem Raum als Sporenfänger aufgestellt und bei Raumtemperatur anschließend geschlossen stehen gelassen. Die verschiedenfarbigen Kolonien weisen auf unterschiedliche Pilze hin. Pfeile zeigen auf zwei Kolonien von Cladosporium cladosporioides.

Eingestellt am 15. März 2025

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Pleosporaceae, Vollsporpilze i.e.S.

3 Nicht nur lästig (AP)

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Solange saprob[1] sie sich geben,

Wirken sie mit im Kreislauf des Lebens:

Zerlegen, was sonst fast ewig bestünde.

Leben davon, werden auch selbst verzehrt.

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Füllen zu dicht sie den Raum,

Nießen gar viele fast ohne Hemmung;

Nicht nur Pollen, auch Alternarien lösen dies aus,

Bewirken, zwar selten, doch Allergie[2].

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Dürrfleckigkeit verschied’ner Gemüse,

– Von Tomate[3], Paprika[4], Aubergine[5],

Möhre[6], Salat[7], Zwiebel[8] und Kohl[9]

Ist Alternarias[10] zerstörendes Werk.

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Steh‘n konzentrisch Pusteln der schwärzlichen Art

Am Rande trockner Ellipsen und Kreise

Und fällt das trockene Auge am Ende heraus,

Weiß der Kenner, wer diese Arbeit getan. –

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Alternaria genügt, sich clonal[11] zu vermehren,

Büßte Sexualität zur Gänze meist ein.

Warum sie zur Familie Pleosporaceen gehören,

Zeigen eindeutig DNA-Sequenzen uns auf.

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Fußnoten

[1] Saprotroph, saprob: Von totem, organischem Material lebend

[2] Allergie: Überschießende, krankhafte Abwehrreaktion des Immunsystems auf körperfremde, aber harmlose Umweltstoffe

[3] Tomaten: Solanum lycopersicum (Solanaceae – Solanales – Lamianae – Asteridae – Superasteridae – …)

[4] Paprika: Solanum capsicum (Solanaceae – Solanales – Lamianae – Asteridae – Superasteridae – …)

[5] Auberginen: Solanum melongena (Solanaceae – Solanales – Lamianae – Asteridae – Superasteridae – …)

[6] Möhre, Karotte, Gelbe Rübe: Daucus carota (Apiaceae – Apiales – Campanulanae – Asteridae – Superasteridae –…)

[7] Gartensalat, Kopfsalat: Lactuca sativa (Cichorioideae – Asteraceae – Asterales – Campanulanae – Asteridae –…)

[8] Gemüsezwiebel: Allium cepa (Alliaceae – Asparagales – Lilianae – Liliidae – Dicotyle s.l. –…)

[9] Kohl: Brassica oleracea (Brassicaceae – Brassicales – Malvanae – Rosidae – Superrosidae – …)

[10] Alternaria alternata: Pleosporaceae (Pleosporales – Dothidiomycetes – Bitunicate Ascomycota – Inoperculate Ascomycota –…)

[11] Clonale Vermehrung: Asexuelle Vermehrung (rein mitotisch bedingte Vermehrung, daher Individuen genetisch identisch)

Eingestellt am 15. März 2025

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Alternaria alternata an Tabak-Blatt

Autor: R.J. Reynolds, Tobacco Company, Bugwood.org

Lizenz: Creative Commons Attribution 3.0 United States license; unverändert

Eingestellt am 15. März 2025

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Alternaria dauci, Möhrenschwärze (Möhren, Gelbe Rüben, Karotten, Daucus carota)

Oben und rechts unten: Befallene, geschwärzte Blätter

(Original; Thomas Nothnagel, Resistenzprüfungsprojekt des Julius-Kühn-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Quedlinburg)

Links unten: Befallene, zu lange und feucht gelagerte Gelbe Rüben.

(Original; Victor Agerer)

Eingestellt am 15. März 2025

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