zum Glossar über:

Octocorallia, Achtarmkorallen

1. Was sie zusammenhält

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Acht Fiedertentakel[1] führen mit Hohlräumen

In den mesenterial[2] geteilten, achtgliedrigen Bauch[3];

Nach innen zu bleiben die Taschen selbstredend offen,

Ermöglicht wird Zu- und Abfuhr des Wassers damit.

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Nur ein Nesselkapseltyp[4] ist ihnen gegeben,

Nicht der schlachtende, der das Opfer mit Stiletten durchschlägt[5],

Sondern der, der in Etagen feine Haare[6] trägt, wenn ein- und ausgestülpt das Ende;

Wirkt wie eine Flaschenbürste mit oben herausstehendem Draht[7].

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Was Molekularbiologen[8] ohne Zweifel erheblich verwundert,

Ist ein mitochondriales[9] Reparaturgen[10],

Das nur Blumentiere[11] besitzen,

Bislang von keinem anderen Tier ist bekannt.

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Aller Blumentiere Ordnungen Skelette vergleichend betrachtet,

Zeigt zunehmende, als Höherentwicklung anzunehmende Komplexität:

In einfachster Weise verbinden Stolonen[12] für sich nur lebende Polypen[13],

Die anderen werden zum anastomosierenden[14] Netz, das

Fortschrittliche zur durchgehenden Platte vereinen,

Die basal mit kalkigem Außenskelett sich umgibt.

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Andere evolutive Linien erfanden ein gemeinsames Gewebe[15],

Anfangs nur mit Skleriten[16] verstärkt,

Werden diese, wenn weiterentwickelt, zur festen zentral gelegenen Achse,

Die ein kompaktes, zentrales Skelett schließlich ergibt.

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Mit wenigen Ausnahmen nur bilden sie mehrköpfige Tierstöcke[17] mit

Coenenchym oder mit sehr komplexem Stolonengeflecht.

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An sechs der acht Mesenterien hängen traubig basale Gonaden[18] mit dotterreichen Eiern[19] versehen;

Furchungen verlaufen total-äqual[20] bis partiell-superfiziell[21],

Getrenntgeschlechtlichkeit[22] ist die Regel und Oviparie[23].

Entodermbildung erfolgt meist durch Ablösung der inneren Lage[24] zweischichtig gewordener Blastulae[25],

Nicht durch Einstülpung, nicht durch typische Gastrulation[26].

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Die lange nur morphologisch beschriebenen Gruppen, wie Lederkorallen[27],

Kalkachsenkorallen[28], Hornkorallen[29], Federkorallen[30], Stolonenkorallen[31] und Blaue Korallen[32], sind heute,

Hauptsächlich aus molekularphylogenetischen[33] Gründen

Zu lediglich zwei morphologisch weit differierenden Ordnungen zusammengefasst.

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Fußnoten

[1] Tentakel: Nesselzellenbestückte, bewegliche Fangarme der Cnidaria

[2] Mesenterien: Scheidewände im Innern von Polypen, die den Gastralraum aufteilen

[3] Gastralraum: Großraum in den alle wasserführenden Taschen und Kanäle münden

[4] Nesselkapseln: In Nesselzellen gebildete, kapselartige Gebilde, die bei Reizung der Nesselzellen ihr schlauchartiges Fangorgan hervorschleudern

[5] Stenotelen: Nesselkapseln mit stilett- oder skalpellartigen, leicht gekrümmten, messerscharfen, oft in zwei Etagen angeordneten Strukturen an der etwas verbreiterten Basis des ausgestülpten Nesselkapselschlauchs

[6] Mastigonemen (allgemein): Dünnste Härchen an einer mikroskopisch kleinen Struktur

[7] Mastigophoren, Rhabdoiden: Nesselkapseln mit rundum etagiert angeordneten Mastigonemen in der unteren Hälfte des ausgestülpten Nesselkapselschlauchs

[8] Molekularbiologen: Beschäftigen sich hauptsächlich mit verschiedensten organischen Molekülen, um Organismen zu erforschen

[9] Mitochondrial: Von/in/durch Mitochondrien

[10] Reparaturgen: Gen dessen Produkte Gendefekte beseitigen und die ursprüngliche Basensequenz wiederherstellen

[11] Blumentiere: Anthozoa (Cnidaria – Animalia – Opisthokonta – Eukarya)

[12] Stolonen: Basale, hohle Ausläufer, die benachbarte Polypen miteinander verbinden

[13] Polypen: Lebensstadien von Nesseltieren. Polypen haben eine Körperform, die aus einem hohlen Zylinder besteht (Hohltier) und in einer zentralen, von Tentakeln umgebenen Mundöffnung endet.

[14] Anastomosieren: Sekundäre Verbindungen herstellen zwischen Röhren oder hohlen Trichomen

[15] Coenenchym: Dicke Gewebeschicht als gemeinsame Lebensbasis von Polypen, ohne im Inneren ein Skelett zu bilden.

[16] Sclerite, Scleren, Spicula: Meist nadelförmige Gebilde

[17] Tierstock: Aussehen einer Kolonie, doch sind die einzelnen Individuen über ein gemeinsames Gewebe verbunden, unterscheiden sich darin von Kolonien, die durch dichtes Siedeln einzelner Individuen gekennzeichnet sind.

[18] Gonaden: Geschlechtszellen bildende Organe

[19] Dotterreiche Eier: Eier, die viel Dotter, Ansammlungen von Reservestoffen in Form von Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten, besonders Glycogen enthalten

[20] Total-äquale Furchung: Die Zygote und deren Abkömmlinge hin zur Blastula teilen sich vollkommen, und gleichzellig, es bleiben keine Partien ungeteilt; Teilungsweise dotterarmer Eier (Zygoten)

[21] Partiell-superfizielle Furchung: Aus dem Zellkern der Zygote entstehen durch viele synchrone und schnell aufeinanderfolgende Kernteilungen ohne nachfolgende Zellteilungen viele weitere Zellkerne. Anschließend wandern die meisten Kerne in die Peripherie und dann stülpt sich zwischen benachbarten Kernen die Plasmamembran ein (superfiziell, also oberflächlich), so dass jeder Kern in einer zum innen liegenden Dotter hin offene Verbindung behält.

[22] Getrenntgeschlechtlich: Weibliches und männliches Geschlecht sind auf zwei verschiedene Individuen verteilt

[23] Ovipar: Eizellen oder Zygoten verlassen das Mutterzoon

[24] Delamination: Entodermbildung erfolgt durch Ablösung der inneren Lage einer zweischichtig gewordenen Blastula

[25] Blastula: Einzellschichtiges Hohlkugelstadium während der Ontogenese von Animalia

[26] Gastrulation: Vorgang der Gastrulabildung, dabei stülpt sich im typischen Fall die Blastula zur Gastrula ein, bildet dadurch ein zweizellschichtiges Stadium

[27 ]Lederkorallen: Alcyonacea (ehemals eigene Ordnung der Anthozoa)

[28] Kalkachsenkorallen: Scleraxonia (ehemals eigene Ordnung der Anthozoa)

[29] Hornkorallen: Holaxonia (ehemals eigene Ordnung der Anthozoa)

[30] Federkorallen: Pennatulacea (ehemals eigene Ordnung der Anthozoa)

[31] Stolonenkorallen: Stolonifera (ehemals eigene Ordnung der Anthozoa)

[32] Blaue Korallen: Helloporida (ehemals eigene Ordnung der Anthozoa)

[33] Molekularphylogenie: Auf Molekülähnlichkeiten (meistens von DNA, doch mitunter auch von Proteinen) basierende Schlüsse bezüglich Stammesgeschichte bzw. Verwandtschaftslinien von Organismen

Eingestellt am 23. November 2024

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Kalkspicula der Octocorallia (Tusche, Reinhard Agerer)

Nach Grzimek B, Herausg. (1979) Tierleben 1, Niedere Tiere, Seite 246

Eingestellt am 23. November 2024

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