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Epsilon-Proteobacteria

1 Selbstversuch (AP)

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„Das können sie jedem erzählen, Marshall[1], mir jedoch nicht,

Dass ihr Bakterium in der Lage wär,

pH-Werte[2] von eins in der Magensäure zu überleben.

Ihr Bakterium stammt sicher von einer Kontamination!“

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Düpiert ließ der Forscher den Zweifler steh‘n,

Wusste er doch

Um die sorgsame Arbeit,

Die zuverlässige Leistung seines Labors,

Um das mehrfache Prüfen des überraschenden,

Aufsehenerregenden Resultats.

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Zurück von der Tagung, greift er zum letzten Mittel,

Den Beweis zu erbringen:

Schluckt die Reinkultur des bezweifelten Isolats,

Holt nach einiger Zeit eine Probe mit der Sonde wieder hervor.

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Gewinnt erneut Reinkulturen, auf schon erprobten Medien,

Unterwirft das Isolat dem pH-Stufentest.

Findet ein Wachstumsoptimum[3] zwischen pH fünf und sechs,

Ein Überleben jedoch bei pH eins,

Denn nach Transfer in weniger saure Medien,

Nimmt es die Teilung sofort wieder auf.

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Es überlebt die Säure,

Der Beweis ist erbracht!

Doch vermehrt im Magen es sich?

Diese Frage bleibt eine Antwort kurz nur schuld.

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Fußnoten

[1] Marshall, Berry James (*1951), Mikrobiologe: Entdecker von Helicobacter pylori, als Erreger von Magengeschwüren; 2019 Nobelpreis für Physiologie und Medizin

[2] pH-Wert: Abkürzung für Potential des Wasserstoffs;  ist ein Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung. Je höher die Konzentration der Wasserstoffionen (H+) in der Lösung ist, desto niedriger ist der pH-Wert, desto saurer ist die Lösung, je höher, desto basischer; er schwankt zwischen 0 und 14. Reines Wasser hat einen pH von 7

[3] Wachstumsoptimum: Bedingungen, unter denen Organismen optimales, bestes, Wachstum zeigen, im Gegensatz zum Minimalwachstum, ein „gerade noch“ am unteren Ende der Wachstumsbedingungen und Maximalwachstum, ein „gerade noch“ am oberen Ende

Eingestellt am 6. April 2024

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Epsilon-Proteobacteria

2 Wohnlich (AP)

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Mit Urease[1] beschafft Helicobacter pylori[2]

Basisch wirkenden Ammoniak[3] in der Umgebung,

Gleicht den Säurestress teilweise aus,

Lebt nahe der Schleimhaut[4] im eignen Milieu. –

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Oral aufgenommen bewegt sich Helicobacter

Flagellengetrieben[5] zur Schleimhaut des Magens,

Produziert dort, den pH-Wert zu heben, neutralisierendes NH3,

Lockert mit Muci[6]- und Kollagenasen[7] des Magens schützende Schicht.

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Adhäsine[8] absondernd, dockt er an

Freiliegenden Endothelzellen[9]

Und setzt zur Vakuolisierung[10] ein

Cytotoxin[11] seiner Zellen frei.

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Alarmproteine locken neutrophile Bakterien[12] und Mastzellen[13] an.

Noch zusätzliche Schäden bewirkend,

Erleichtern sie Pyloris Cytotoxin,

Porenbildend ins Plasmalemma[14] zu dringen;

Löst damit Apoptose[15],

Programmierten Tod der Epithelzellen aus.

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Ein neues Protein, wehrlosen, noch lebenden Zellen injizierend,

Stimuliert Helicobacter pylori zum eigenen Vorteil

Ungeregeltes Teilen und Wachsen der Zellen

Als wuchernde Nahrung für ihn; veranlasst so ein Geschwür.

Mitunter enthemmt es vollkommen sein Wachstum

Und verursacht gefürchteten Krebs.

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Die Hälfte, vielleicht zwei Drittel der Menschen,

So schätzt man, beherbergt Pylori

Als potenziellen Faktor für Krankheit und Leid.

Warum Helicobacter meist still sich verhält,

Liegt vielleicht an der Personen Konstitution,

Oder doch an der Heterogenität von Helicobacter,

Denn Sequenzdaten zeigen

Unterschiede bis zu sieben Prozent.

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Welch eine Genugtuung, die Barry Marshall[16] erfuhr:

Nichts Höheres konnte bei ihm sich für die Entdeckung bedanken

Als das Komitee,

Das den Nobelpreis ihm verlieh.

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Fußnoten

[1] Urease: Harnstoff spaltendes Enzym

[2] Helicobacter pylori: Erreger von Magengeschwüren, gelegentlich von Magenkrebs

[3] Ammoniak [NH3]: Stickstoffatom mit drei Wasserstoffatomen in flach trigonal-pyramidaler Form angeordnet

[4] Magenschleimhaut: Innere Auskleidung des Magens

[5] Flagellum, Geißel (Bakteriengeißel): Aus vielen globulären Flagellinproteinen zusammengesetzte Hohlröhre

[6] Mucigenasen: Schleimschichten abbauende Enzyme

[7 ]Kollagenase: Dieses Enzym spaltet Proteine zwischen Prolin und anderen Aminosäuren

[8] Adhäsine: Von Bakterien gebildete Faktoren, die es dem Bakterium ermöglichen, an Strukturen bzw. Zellen des Wirtes anzuhaften; verhindern das Ablösen der Bakterien von besiedelten Oberflächen

[9] Endothel: Als geschlossene Schicht in Blut- und Lymphgefäßen auftretende Zellen

[10] Vakuolisierung: Zellen werden schrittweise mit internen Saftvakuolen versehen

[11] Cytotoxine: Zellgifte

[12] Neutrophile Bakterien: pH-neutrales Medium bevorzugende Bakterien

[13] Mastzellen: Zellen des Immunsystems, die eine Rolle bei der angeborenen Immunantwort spielen. Sie produzieren eine Reihe von biologisch aktiven Substanzen, darunter vor allem Histamin und kommen im ganzen Körper verteilt vor

[14] Plasmalemma: Zellmembran (Lipiddoppelmembran) von Organismen mit starrer Zellwand; wird oft als Gegenstück zum Tonoplasten betrachtet, der im Zellinneren eine größere Saftvakuole umgibt; für Bakterien kein gebräuchlicher Begriff.

[15] Apoptose: Programmierter Zelltod

[16] Marshall, Berry James (*1951), Mikrobiologe: Entdecker von Helicobacter pylori, als Erreger von Magengeschwüren; 2019 Nobelpreis für Physiologie und Medizin

Eingestellt am 6. April 2024

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