zum Glossar über:
Excavata, Ausgehöhlte
1 Grube (HP)
.
Was nützen zwei Geißeln[1] an ein und derselben Stelle,
Wenn unkoordiniert sich die Schläge begegnen,
In der Bewegung einander behindern,
Stillstand bewirken, statt zügig nach vorne zu streben?
.
Schon das kleinste Weichen hinein in den eigenen Raum,
Erhöht, verdoppelt die wasserverdrängende Kraft.
Zieh‘n und schieben den rudernden Drängler
Mit schwingenden Bögen, zwar langsam, doch stetig voran.
.
Streng rückwärtsgerichtet, dem Bauch entlang schlagend,
Verliert eine den Großteil der treibenden Macht;
Wirbelt stattdessen lose Partikel auf und umher.
Ein Nachteil, der freilich auch Vorteil verschafft:
.
Tanzend erhebt sich die Wolke und
Manche der schwimmenden Teilchen,
Fest gegen das vorwärtsdrängende Wesen sich drückend,
Übersäen den grundnah gleitenden Teil.
.
Gefangen an klebriger Fläche,
Erkennt die Zelle den fremden Besatz.
Schon überwölbt das Plasmalemma[2] eine betroffene Stelle,
Umschließt mit Membranen, was immer es war,
Zerlegt und zerkleinert den Inhalt des wandernden Nahrungsvesikels[3],
Verwendet jedes irgendwie brauchbare Gut. –
.
Wie viel Zeit wohl verging
Bis die bauchnah wedelnde Geißel vermehrt, gezielt fast schon,
Organischen Abfall, auch Prokaryoten[4], der Zelle entgegentrieb,
Energie und konkurrenzlose Fitness[5] ihr somit verschuf?
.
Am Ende drückt sie längs zentral eine Grube,
Schmiegt sich hinein in die Furche und
Führt mit wedelnden Hieben
Partikelströme heran und hinein in die offene Rinne,
Bringt Nachschub für Endocytose[6],
Erhöht der Nahrungsvesikel Bildungsfrequenz.
.
Fußnoten
[1] Geißel, Flagellum: Charakterisiert durch ihren internen Bau aus 9 peripheren, etwas schräg nach innen gestellten Doppelmikrotubuli (Querschnitt durch die Geißel) und einem zentralen Tubulipaar, das etwas Abstand voneinander hält. Dyneinarme verbinden die Mikrotubuli. Die Geißel ist von der Zellmembran umgeben und gefüllt mit Cytosol. Am Übergang der Geißelbasis in den Zellkörper treten spezielle Verstrebungen, Verstärkungen, auf; eine dünne Querplatte trennt oft den untersten, in die Zelle integrierten Teil, der in seiner Struktur einem Centriol entspricht: Es fehlen die beiden zentralen Mikrotubuli und die peripheren Zwillinge wurden zu Drillingen. Die in der Zelle gelegenen Teile der Geißel sind noch durch verwandtschaftsabhängig gestaltete Haltestrukturen verwurzelt.
[2] Plasmalemma: Zellmembran (Lipiddoppelmembran) von Organismen; wird oft als Gegenstück zum Tonoplasten betrachtet, der im Zellinneren eine größere Saftvakuole umgibt
[3] Nahrungsvesikel: Durch Endocytose entstandene Verdauungsvesikel, die tote Partikel oder Organismen enthalten können; verdaut wird, was verfügbar (Proteine, Fette, Zucker, Nucleinsäuren, Cellulose, etc.)
[4] Prokaryo(n)t: Organismus, der keinen echten Zellkern besitzt, sondern einfache, meist ringförmige Chromosomen frei in einem zentralen Bereich liegen hat
[5] Fitness (biologische): Je mehr nachkommenerzeugende Nachkommen entstehen, umso fitter ist ein Organismus
[6] Endocytose: Aufnahme eines Partikels aus der Zellumgebung mit Hilfe eines aus der Zellmembran durch Einstülpung entstandenen Vesikels
Eingestellt am 27. September 2025
.
Excavata, Ausgehöhlte
2 Schon Modernere
.
Modernere Arten, Verwandte ursprünglicher Sippen,
Überwölben beidseits die Grube.
Einen Spalt nur lassen sie offen für frachtbeladenen,
Geißelbewegungsbedingten, beharrlichen Strom.
.
Umgürten im Innern stabilisierend die Zelle.
Elastisch und biegsam behält sie Figur,
Formstabil wird die Nahrung sammelnde, langgezogene Grube.
.
Leben oftmals von kärglichen Fängen;
Erhaschen und horten zu besseren Zeiten jedoch
In Fülle, was immer nur geht.
Vertiefen das hintere Ende der Furche
Retortomonas[5] erhielt deswegen den treffenden Namen.
Sie führt gedanklich zurück
In urlang vergangene Zeit.
.
Weder Flagellen noch Gruben bleiben,
Wenn keine Gründe für sie mehr besteh‘n:
Manche kriechen wie Amöben[6] in nahrhaften Spalten,
Brauchen die Werkzeuge nicht;
Andere schafften es als Parasiten[7] in nährstoffreiche Flüssigkeitsbahnen;
Verwenden oft nur die Geißel, zu schwimmen damit.
.
Fußnoten
[1] Geißel, Flagellum (Eukaryageißel): Charakterisiert durch ihren internen Bau aus 9 peripheren, etwas schräg nach innen gestellten Doppelmikrotubuli (Querschnitt durch die Geißel) und einem zentralen Tubulipaar, das etwas Abstand voneinander hält. Dyneinarme verbinden die Mikrotubuli. Die Geißel ist von der Zellmembran umgeben und gefüllt mit Cytosol. Am Übergang der Geißelbasis in den Zellkörper treten spezielle Verstrebungen, Verstärkungen, auf; eine dünne Querplatte trennt oft den untersten, in die Zelle integrierten Teil, der in seiner Struktur einem Centriol entspricht: Es fehlen die beiden zentralen Mikrotubuli und die peripheren Zwillinge wurden zu Drillingen. Die in der Zelle gelegenen Teile der Geißel sind noch durch verwandtschaftsabhängig gestaltete Haltestrukturen verwurzelt.
[2] Mikrotubuli: Röhrenförmige Proteinkomplexe innerhalb eukaryotischer Zellen und in Geißeln; Hohlröhren aufgebaut aus den Dimeren α- und β-Tubulinen; funktionieren bei vielen wesentlichen zellulären Prozessen, einschließlich Mitose und Meiose. Mikrotubuli sind gerichtete Strukturen, deren Enden wegen ihrer Polymerisationsrichtung mit plus und minus bezeichnet werden; das α-Tubulin-Ende wird minus-Ende genannt, das β-Tubulin plus-Ende; bilden die Grundlage für das Cytoskelett und spielen eine wichtige Rolle in der Ausbildung der Kernteilungsspindel und im Vesikeltransport.:
[3] Endocytose: Aufnahme eines Partikels aus der Zellumgebung mit Hilfe eines aus der Zellmembran durch Einstülpung entstandenen Vesikels
[4] Zellschlund, Zellpharynx (Ciliata; Excavata): Trichterförmige Vertiefung im oft flacheren Umfeld
[5] Retortomonas: Retortenflagellat (Retortomonadida – Metamonada – Excavata – Eukarya)
[6] Amöben, Wechseltierchen: Verändern ständig ihre Form, weil zellwandlos; stülpen Fortsätze des Protoplasten aus, umfließen Nahrung, um Nahrungsvakuolen (Endosomen) zu bilden, ihren Fang zu verdauen. Amöben kommen in verschiedenen Organismenreichen vor; repräsentieren also keine Verwandtschaft, sondern nur eine Lebensstrategie; ein Organismenreich (Amoebozoa) umfasst jedoch nur Amöben
[7] Parasit, Schmarotzer: Ein Organismus lebt auf Kosten eines anderen.
Eingestellt am 27. September 2025
.