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Vibrionaceae, Cholera

1 Huckepack (TP)

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Ruckartig schwimmen stecknadelkopfgroße Punkte durchs Wasser

Mit zwei großen ellipsoiden Säcken am abdominalen[1] Ende bepackt.

Breitflächig gespreizte Antennen[2] bewegend, fächeln sie

Algen[3] und anderes Plankton[4] der Mundöffnung zu.

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Schwer schleppt schon lange das Weibchen

An dichten Paketen mit Eiern

Bis endlich die Jungen bereit sind zu schlüpfen.

Eihüllen jedoch erweisen sich noch als viel zu stabil.

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Zu wenig verdaut sind sie,

Zu dicht der Schutzschicht Chitinfibrillen[5] gelagert.

Doch manche Stellen zeigen schon Brüche,

Widerstehen kaum noch dem ungeduldigen inneren Druck.

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Chitinasen[6] zermürben die hüllende Schale,

Von Vibrio cholerae[7] nahrungsbeschaffend nach außen gegeben.

Gewähren befreiende Hilfe der Copepodennachkommenschaft[8],

Einen unabsichtlichen Dienst.

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Eng assoziiert leben die Beiden.

Wird Vibrio frei,

Schraubt sie die Geißel

An nächste Eipakete heran.

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Fußnoten              

[1] Abdominal: Hinteres Ende des Körpers

[2] Antennen: Fühler der Arthropoden

[3] Algen: Eine organismenreichübergreifende Bezeichnung für überwiegend im Wasser lebende Thallophyten

[4] Plankton: Gesamtheit der im Wasser freischwebenden oder mit geringer Eigenbeweglichkeit schwimmende, kleinere Organismen, deren Ortswechsel hauptsächlich durch Wasserströmungen vermittelt wird

[5] Chitin: Polymer aus N-Acetyl-Glucosamin, entstanden aus 1,4-β-Glucosen, an deren C2 eine [–NHCOCH3]-Gruppe hängt; anders ausgedrückt, an deren C2 eine [–NH2]-Gruppe, eine Aminogruppe, hängt, bei der ein Wasserstoffatom durch ein Acetat [CH3COO–] ersetzt ist. Zellwandpolysaccharid der Fungi (Echte Pilze) und Arthropoda (Gliederfüßer)

[6] Chitinasen: Chitin zerlegende Enzyme

[7] Vibrio cholerae: Kommaförmig gekrümmtes, mit einzelner Geißel bewegliches, fakultativ aerobes, besonders in verschmutztem Wasser lebendes Bakterium

[8] Copepoda: Ruderfußkrebse (Copepoda – Maxillopoda – Crustacea – Tetraconata – Mandibulata – …)

Eingestellt am 6. April 2024

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Vibrionaceae, Cholera

2 Heftig (TP, AP)

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Mit Ruderfüßern[1] belebtes Wasser trinken,

Bringt sie und Eisackbewohner

In menschliche Mägen.

Vibrio überlebt,

Wenn es ihm glückt,

Des Magens Säure zu besteh‘n.

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Denn Säure ist ihm der Tod.

Schon pH4[2], dieser nur schwache Stress,

Tötet es, ohne zum Darm zu gelangen,

Vorher schon ab. –

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Unterernährung zu früheren Zeiten,

In manchen Ländern heute noch mehr,

Hebt den pH-Wert der Magensäure,

Bietet Vibrio Geleitschutz für den weiteren Weg.

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An des Darmepithels[3] Mikrokovilli[4] angelangt,

Heftet sich Vibrio fingerförmigen Vorsprüngen an,

Und, die Umgebung mit Toxin überschwemmend,

Bereitet Vibrio cholerae das Schlaraffenland vor.

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Proteinquintette, zum Sockel vereint,

Präsentieren das nur zum Verderben gemachte Spezialprotein.

An der Zelle Membran[5] geheftet,

Lädt es sein mittig thronendes Giftprojektil

Fürs Einhüllen mit Doppelmembranen

Auf ein Floß von Gangliosid[6].

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In Vakuolen[7] gespalten, zum ER[8] transportiert,

Dringt eine der Dipeptidhälften[9] via Cisternen[10] ins Cytoplasma vor,

Aktiviert Adenylatcyclase[11] zur Dauersynthese

Ionenkanäle öffnenden cAMPs[12],

Führt damit zum wasserbegleiteten Efflux

Von Ionen in den arg ramponierten Darm.

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Ein äußerst massiver Elektrolyt[13]- und Wasserverlust,

Überschwemmt permanent nun den Darm.

Bis zu zehn Liter am Tag gehen dem Körper verloren.

Ohne kompensatorische Wasserzufuhr trocknet der Mensch unweigerlich aus.

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In Bangladesch, Indien, Brasilien, östlichem Afrika,

Auch in anderen armen hygienedefizitären Ländern,

Sterben heute noch Tausende Menschen

An Körper entwässernder Cholera.

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Fußnoten 

[1] Ruderfußkrebse: Copepoda (Copepoda – Maxillopoda – Crustacea – Tetraconata – Mandibulata – Arthropoda – …)

[2] pH-Wert: Abkürzung für Potential des Wasserstoffs;  ist ein Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung. Je höher die Konzentration der Wasserstoffionen (H+) in der Lösung ist, desto niedriger ist der pH-Wert, desto saurer ist die Lösung, je höher, desto basischer; er schwankt zwischen 0 und 14. Reines Wasser hat einen pH von 7.

[3] Epithel: Ein- oder mehrlagige Zellschichten, die alle inneren und äußeren Körperoberflächen von Echten Tieren (Animalia) bedecken

[4] Mikrovillí: Fingerförmige, meist unverzweigte, dichte Ausstülpungen der Zellmembran, um der Zelle Oberfläche zu vergrößern

[5] Zellmembran: Lipiddoppelmembran, die das Zellinnere umgibt

[6] Ganglioside: Wasserunlösliche Lipide, die in der äußeren Hälfte der Lipidmembran nahezu aller Wirbeltiere vorkommen; insbesondere die Membranen von Nervenzellen sind reich an Gangliosiden; sie sind über ihren fettlöslichen Anteil in der äußeren Hälfte der Lipiddoppelmembran verankert.

[7]V akuole: von Lipiddoppelmembran abgegrenzter Raum der Zelle

[8] ER (Abkürzung fürEndoplasmatischesRetikulum): Intrazelluläres Membransystem aller eukaryotischen Zellen. Es besteht aus lipiddoppelmembran-umschlossenen Hohlräumen, die ein zusammenhängendes System bilden und mit der Kernhülle in Verbindung stehen

[9] Dipeptid: Zwei selbständige Peptide sind zu einem Tandem verbunden

[10] Cisternen (Zell-): Abkömmlinge des endoplasmatischen Retikulums in hohler und oft flacher Form; Zellvesikel auch Zellkerne sind damit umgeben, besitzen den gleichen Grundbau wie die Zellmembran.

[11] Adenylatcyclase: Membrangebundenes Enzym, das nach Aktivierung aus ATP cAMP bildet

[12 ]cAMP,cyklischesAdenosinmonophosphat: Glied der zellulären Signalkette, das insbesondere der Aktivierung von Peptidhormonen dient

[13] Elektrolyte: Wichtige in Flüssigkeit gelöste Mineralien des Körpers; gehen bei Durchfallerkrankungen oft in erheblichem Maße verloren

Eingestellt am 6. April 2024

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Cyklisches AMP, cAMP (ppt generiert, Reinhard Agerer)

Phosphat [PO43] schließt den Ring zwischen dem [–CH2OH] der Ribose und dem [–OH] am C3 des Zuckers; ein Sauerstoffatom des Phosphats liegt ionisch vor.

Eingestellt am 6. April 2024

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Vibrionaceae, Cholera

3 Abhilfe

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Wie leicht wär es, Cholera-Diarrhoe[1] zu entgeh‘n:

Sauberes Wasser zu trinken, von Fäkalien unverschmutzt,

Schon Kochen würde genügen, Vibrio cholerae

Endgültig zu nehmen die unheimliche Macht.

Selbst Filtern durch mehrere Lagen Stoff alter Saris[2],

Entfernten Copepoden[3] mit ihrer tödlichen Fracht.

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Wo aber Kinder noch hungern mit Qual,

Der Mensch an Unterernährung siecht,

Wird Vibrio cholerae noch lang

Verheerende Werke schrankenlos tun.

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O du westlicher vom Schicksal verwöhnter Mensch,

Dir geht es gut!

Doch, was hast du selbst für deinen Wohlstand getan?

Ins angenehme Dasein geboren, bevorzugt bist du!

Kaum etwas hast du selbst für dein Leben gewirkt,

Deine Vorfahren haben das meiste besorgt.

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Sag nicht, dir stünde das alles doch zu!

Bedenke, worauf die Besitztümer gründen, dein Reichtum fußt.

Was alles bezogst du, unwissentlich oft, Tag für Tag

Aus armen Ländern, von Menschen unterentwickelter Welt?

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Woher kommen die Rohstoffe, die du so selbstverständlich verbrauchst?

Ja, du selbst! Obwohl du nichts davon merkst,

Wenn sie, verarbeitet, durch deine Hände geh‘n.

Bezahlst du den wahren Besitzern den richtigen Preis,

Oder nutzt du ihr Unwissen, ihre Not,

Zu deinem Vorteil nur aus?

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Welche Auswahl genießt du als Nahrung,

Nichts ist dir gut genug!

Wie oft hör ich das Klagen:

Das schmeckt mir nicht, dies kommt mir nicht in den Mund.

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Woher nimmst du das Recht für dein Wählerischsein?

Für das Verwerfen essbaren, nährenden Guts?

Beschönigend sagst du:

Es wird entsorgt.

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Verzichte wenigstens auf deines Besitzes geringeren Teil,

Lass ab von deiner Wegwerfmentalität!

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Unterstütze, ernähre was arm,

Hilf ihnen, Mensch zu sein.

Oder glaubst du vielleicht,

Meine Liebe gälte ausschließlich dir?

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Du bist mein Werkzeug,

Du bist gefragt,

Zu mindern die Not.

Dies ist mein ständiger Auftrag an dich!

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Fußnoten 

[1] Cholera-Diarrhoe: Durchfall verursacht durch Cholera

[2] Sari: Ungenähter Wickelrock mit einseitigem Schulterüberwurf für Frauen

[3 Copepoda: Ruderfußkrebse (Copepoda – Maxillopoda – Crustacea – Tetraconata – Mandibulata – …)

Eingestellt am 6. April 2024

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Endpunkt erreicht