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Diplomonadida, Zwilligsflagellaten

1 Sonderlinge

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Wie siamesische Zwillinge sehen sie aus, die sich nicht körperlich trennen,

Dem Nahrungserwerb Dienendes, prägte doppelt sich aus:

Der Zellkern, zwei braucht es zum sicheren Lenken,

Auch was der Einzelne in doppelter Weise mit sich führt, wurde dupliziert:

Zwei mal vier Geißeln[1] – alle Basalkörper[2] erinnern sich ihrer besonderen Rolle –

Zwei Fressgruben[3], verschmolzen zum langen Trichter im Bauch;

Bis zum Hinterende des Flagellaten anfangs noch reichend,

Wurden sie, aus heutigen Arten geschlossen, im Laufe der Evolution reduziert.

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Mit Saugscheiben rüsten sich manche der Arten,

Verankern damit sich an Evertebraten und Vertebraten Darmepithel;

Zu langen intrazellulären[4] Verläufen zwingen sie ihre Flagellen,

Sonst verlöre der Saugnapf jeglichen Halt, vertiefen sie wie ehedem,

Treten weit hinten erst am Körper ins Freie,

Leiten, was sie zu sich bewegen, zum Trichter hin.

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Nicht wenige verzichten wieder auf Gruben,

Ebnen sie weitgehend ein,

Nehmen mit des Körpers Oberfläche,

Was sie umhüllender, sich wälzender Nahrungsbrei gibt.

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Giardia[5] ist eine bedeutende Gattung dieser Verwandtschaft.

Fünfzig Arten etwa gehören zu ihr:

Können blutige Diarrhöen[6] mitunter bewirken[7],

Treten bei immungeschwächten[8] Personen in Massen sie auf.

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Die Übertragung erfolgt mit Cysten[9],

Werden vom Stuhl[10] Nahrungsmittel kontaminiert.

– Wie heißt es doch immer für Kinder?

Nach dem Stuhlgang, vor dem Essen, Händewaschen nicht vergessen! –

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Auch unverdoppelte Flagellaten, so wird begründet vermutet,

Schließen Diplomonadiden mit ein.

Enteromonas hominis[11] ist solch ein Vertreter,

Der in unserm Verdauungssystem sich‘s endobiotisch[12] gutgehen lässt,

Rein kommensalisch[13] nimmt er sich etwas vom Vielen;

Als Krankheitserreger gilt deswegen er nicht. –

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Nur als Überreste lassen Mitochondrien[14] sich noch erkennen,

Werden oft Mitosomen[15] genannt,

Besitzen keine Ring-DNA[16], was nicht verwundert,

Aber Dictyosomen[17] fehlen ganz und gar.

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Fußnoten

[1] Geißel, Flagellum (Eukaryageißel): Charakterisiert durch ihren internen Bau aus 9 peripheren, etwas schräg nach innen gestellten Doppelmikrotubuli (Querschnitt durch die Geißel) und einem zentralen Tubulipaar, das etwas Abstand voneinander hält. Dyneinarme verbinden die Mikrotubuli. Die Geißel ist von der Zellmembran umgeben und gefüllt mit Cytosol. Am Übergang der Geißelbasis in den Zellkörper treten spezielle Verstrebungen, Verstärkungen, auf; eine dünne Querplatte trennt oft den untersten, in die Zelle integrierten Teil, der in seiner Struktur einem Centriol entspricht: Es fehlen die beiden zentralen Mikrotubuli und die peripheren Zwillinge wurden zu Drillingen. Die in der Zelle gelegenen Teile der Geißel sind noch durch verwandtschaftsabhängig gestaltete Haltestrukturen verwurzelt.

[2] Basalkörper, Basalapparat: Gehen unmittelbar aus Centriolen hervor, wie sie auch feinstrukturell den Centriolen sehr ähnlich sind. Bei der Umwandlung von Centriolen in Basalkörper wandern diese unter die Plasmamembran und orientieren sich senkrecht zu ihr. An der Kontaktstelle, von der dann die Geißel auswächst, wird eine Basalplatte gebildet. Von hier nach außen wird das typische 9x2 + 2-Muster ausgebildet, während im Basalkörper hinsichtlich der Anordnung der Mikrotubuli die charakteristische Centriolenstruktur (9x3 + 0) erhalten bleibt.

[3] Fressgrube, Zellmund, Cytostom: Grube am vorderen Ende eines Flagellaten, die zugleich zur Nahrungsaufnahme durch Endocytose dient

[4] Intrazellulär: In der/einer (fremden) Zelle

[5] Giardia: Diplomonadina (Fornicata – Metamonada – Excavta – Eukarya)

[6] Diarrhö: Durchfall

[7] Giardia lambia (syn. G. intestinalis): Diplomonadina (Fornicata – Metamonada – Excavta – Eukarya)

[8] Immunsupprimiert: Herabgesetze oder unterdrückte Immunreaktion verursacht durch Krankheit oder durch Medikamente

[9] Cyste (Überdauerungsform): Mit widerstandsfähiger Wand umgebene Überdauerungsform von Zellen, von mehrzelligen Gebilden, gar von winzigen Organismen

[10] Stuhl (Medizin): Ausscheidung des Darms, Faeces, Kot

[11] Enteromonas hominis: Menschen-Darmflagellat (Diplomonadida – Fornicata – Metamonada – Excavata – Eukarya)

[12] Endobiotisch: Im Innern eines anderen Lebewesens lebend

[13] Kommensalisch: Sich von Abfallstoffen des Wirtes als Nutznießer ernährend, diesen aber nicht schädigend, oder ihn als spezielle ökologische Nische nutzend.

[14] Mitochondrien: Gelten als Kraftwerke der Zellen, da sie Energie für die zellulären Prozesse liefern; es lassen sich Außen- und Innenmembran unterscheiden, wobei die innere Membran auf einen zellwandlos gewordenen Endosymbionten (ein Alpha-Proteobacterium) zurückgeht, während die äußere Membran der Plasmamembran der eukaryotischen Zelle entspricht; prokaryotische Chromosomen weisen ebenfalls auf einen aufgenommenen prokaryotischen Endosymbionten als Ursprung der Mitochondrien hin.

[15] Mitosomen: Organelle in einigen einzelligen, anaeroben oder mikroaerophilen Organismen als stark degenerierte Mitochondrien, die die Fähigkeit zur oxidativen Phosphorylierung verloren haben; mitochondriale DNA scheint zumindest bei einigen Arten nicht vorhanden zu sein.

[16] Ring-DNA: DNA in Ringform; in Mitochondrien, Chloroplasten und in Bakterien vorkommend

[17] Dictyosom, Netzorganell: Oft tellerförmig anmutende Cisternen treten gern in gestapelter Weise auf, an deren Rändern Vesikel abgeschnürt werden; jedes einzelne Organell der Zelle wird oft als Dictyosom (Netzorganell) bezeichnet, während alle Organelle zusammen als Golgi-Apparat geführt werden.

Eingestellt am 27. September 2025

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Giardia lambia

Diese Scanningelektronenmikroskopische Aufnahme (SEM, REM) enthüllt einige äußerliche ultrastrukturelle Details von Giardia lamblia. G. lamblia ist der verantwortliche Organismus der Durchfallkrankheit „giardiasis“.

Autor: CDC / Mahmud Tari

Lizenz: Gemeinfrei; unverändert

Eingestellt am 27. September 2025

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