zum Glossar über:

Inoviridae, Fadenphagen

1 Zum Faden geworden (AP)

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Fadenförmig, sechs Millionstel Millimeter nur dick,

Zum Teil etwas mehr,

Jedoch viele Hunderte Nanometer[1] lang,

Fallen sie, mit kurzen Fasern geschwänzt,

Über hundert Mal dickere und

Zehn Mal längere Bakterien her.

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Namenlos, kurz nur M13 früher genannt,

Setzt sich Colis[2] Sexpilus[3] an,

Schleust, die Arglose unliebsam täuschend,

Seine Einzelstrang-DNA

Mit Hilfe des Opfers

Durch den engen Kanal.

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Zu spät kommt jegliches Wehren.

Schon agieren Polymerasen[4] und Transkriptasen[5];

mRNAs[6] belegen der Beute Ribosomen[7], befehlen der Aufgebrachten

Proteine[8] zu synthetisieren mit ihren tRNAs[9].

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Tausende Fäden verlassen die Hülle,                                            

Lassen vom Medium langsam sich treiben.

Schon sitzen die nächsten am Sexpilus fest,

Wiederholen das traurige Spiel. –

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M13s nahe Verwandte lieben Käse,

Produziert in der Schweiz[10].

Doch nicht ihm gilt die unbezwingbare Lust,

Rücken Propionibakterien[11] auf den Leib.

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Fußnoten

[1] Nanometer, nm: Millionstel Millimeter (10-6mm); Tausendstel Mikrometer (10-3µm); Milliardstel Meter (10-9m)

[2] Escherichia coli: (Enterobacteriaceae – Gamma-Proteobacteria – Gramnegative – Bacteria); gehört zum normalen Mikrobiom des menschlichen Darms; einige Stämme aber können Durchfallkrankheiten verursachen

[3] Sexpilus, F-Pilus: Kurzer Faden von 2-8 nm Dicke und 1-4 µm Länge, der von Chromosomenempfängern ausgebildet wird; typisch für gramnegative Bakterien

[4] Polymerasen: Gruppe von Enzymen, welche die Synthese von Polynucleotiden aus Nucleotidtriphosphaten als monomere Vorstufen (Einzelvorstufen) katalysieren

[5] Transkriptasen: Gruppe von Enzymen, welche die Synthese von RNA aus Nucleotidtriphosphaten als monomere Vorstufen (Einzelvorstufen) katalysieren

[6] mRNA, messenger RNA, Boten RNA: Übersetzt den genetischen Code der DNA in für tRNAs ablesbare Matrizen

[7] Ribosom: Organell aus ribosomaler RNA und Proteinen. Es dient zur Translation der mRNA-Informationen in Proteine. Meist sind mehrere Ribosomen über die mRNA kettenartig verbunden, um zugleich mehrere Ablesevorgänge hintereinander ablaufen lassen zu können

[8] Proteine: Aus Aminosäuren aufgebaute, komplexe Moleküle. Die [–NH2]-Gruppe einer Aminosäure wird mit der Hydroxylgruppe [–OH] der Säurefunktion [–COOH] unter Wasserabspaltung verknüpft, dabei entsteht eine charakteristische Abfolge von Atomen: [–C–N–C–C–N–]n, wobei das unmittelbar dem [N] benachbarte [C] einen doppelbindigen Sauerstoff [–C=O] trägt

[9] tRNAs, Transfer RNAs: Übersetzen die Informationen der mRNA in die verschiedenen Aminosäuren

[10] Emmentaler Käse: Einer der wenigen (der erste) Käse, die mit zwei Bakteriensippen hergestellt werden, die in Gemeinschaft fermentieren, nämlich Propionsäurebakterien (Propionibacteria – Actinobacteria – Grampositive – Bacteria) und Lactobacillus (Lactobacillaceae – Lactobacillales – Firmicutes – Grampositive – Bacteria)

[11] Propionibacterium (Propionibacteriaceae – Propionibacteria – Actinobacteria – Grampositive – Bacteria)

Eingestellt am 6. Juli 2024

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Inoviridae, Fadenphagen

2 M13 (AP)

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Inovirus heißt heute der Coli[1]-Phage[2] M13,

Ist wegen Verwendung in molekularbiologischer Forschung hochgeschätzt.

Eine beinahe ein Mikrometer lange, flexible Proteinröhre

Schützt die (+)-polare[3] Ring-DNA.

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Sich schindelförmig überlappende Proteinuntereinheiten[4] aus fünfzig Aminosäuren[5]

Bauen, weil etwas verschiebbar, das flexible Capsid[6]:

Jeweils fünf Kopien vier kleiner Proteine

Bilden beiden Enden der Röhre einen Verschluss.

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An Colis Sexpilus‘[7] äußere Spitze setzt sich Inovirus,

Worauf das Stück in die Zelle zurück sich zieht.

M13 interagiert, nähert es sich der Zelle,

Mit speziellem Wandprotein,

Gelangt so in den Raum zwischen Zellmembran[8] und Mureinsacculus[9],

Die DNA[10] ins Cytoplasma[11] nicht lange danach.

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Zum Doppelstrang wird der (+)-polare Einzelstrang vervollständigt,

Initiiert durch Wirts-RNA-Polymerase[12], die einen Primer[13] synthetisiert.

Wirts-DNA-Polymerase[14] ergänzt den fehlenden (–)-polarisierten[15] Holm,

Der, mRNA[16] durch den Wirt synthetisieren zu lassen, das Template[17] spielt,

Freilich auch als Vorlage gilt,

Einzelstrang-(+)-DNA zu bilden für des Virus‘ genomische DNA.

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Zusammengebaut werden Fadenphagen zur biegsamen, überlang scheinenden Röhre,

Verlassen sie allmählich Escherichia colis Zellmembran;

Capsidproteine heften Schritt für Schritt sich passgenau aneinander

Bis, vervollständigt, Inovirus das noch lebende Coli-Bakterium verlässt. –

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Keine Plaques[18] entstehen in Coli-Rasen.

Tötet doch Inovirus Colibakterien nicht.

So integrierten Molekularbiologen[19] Kanamycin[20]-Resistenz in M13s Ring-DNA,

Etablierten damit auch Colis Resistenz.

Nur jene mit modifiziertem Inovirus

Bleiben am Leben, alle anderen Zellen liegen irgendwo tot,

Können sich nicht mehr vermehren:

So bleiben Coli-Rasen ohne Inoviren dort aus und das Medium bleibt klar.

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Fußnoten

[1] Escherichia coli: (Enterobacteriaceae – Gamma-Proteobacteria – Gramnegative – Bacteria); gehört zum normalen Mikrobiom des menschlichen Darms; einige Stämme aber können Durchfallkrankheiten verursachen

[2] Phagen: Ausschließlich Bakterien (und Archäen) infizierende Viren; sind durch ihre Lebensweise charakterisiert; bilden keine einheitliche Verwandtschaft

[3] (+)-polare einzelsträngige DNA (Viren): Davon würde beim Transkribieren zwangsläufig eine (–)-orientierte RNA entstehen, die aber das Ribosom nicht als mRNA erkennen kann, somit kann diese RNA nicht translatiert werden

[4] Proteine: Aus Aminosäuren aufgebaute, komplexe Moleküle. Die [–NH2]-Gruppe einer Aminosäure wird mit der Hydroxylgruppe [–OH] der Säurefunktion [–COOH] unter Wasserabspaltung verknüpft, dabei entsteht eine charakteristische Abfolge von Atomen: [–C–N–C–C–N–]n, wobei das unmittelbar dem [N] benachbarte [C] einen doppelbindigen Sauerstoff [–C=O] trägt

[5] Aminosäuren: Organische Säuren mit einer Amino-[–NH2] Seitengruppe. Biologisch bedeutend sind hauptsächlich jene Aminosäuren, die an dem der Säuregruppe benachbarten Kohlenstoffatom diese Gruppe besitzen

[6] Capsid: Komplexe, regelmäßige Struktur von Viren aus Proteinen, die der Verpackung des Virusgenoms dient.

[7] Sexpilus, F-Pilus: Kurzer Faden von 2-8 nm Dicke und 1-4 µm Länge, der von Chromosomenempfängern ausgebildet wird; typisch für gramnegative Bakterien

[8] Zellmembran: Lipiddoppelmembran, die das Zellinnere umgibt

[9] Mureinsacculus: Der Bakterien Murein umgibt die Zelle sackähnlich wegen der Zellwand widerstandsfähigen, massiven Konstruktion

[10] DNA (=DNS):DesoxyribonucleinicAcid, Desoxyribonukleinsäure; mit einer reduzierten Ribose; das [–OH] am C2 der Ribose fehlt; Baustein der Erbinformation

[11] Cytoplasma: Flüssiger Zellinhalt mit darin liegendem Cytoskelett

[12] RNA-Polymerasen: Enzyme, welche die Synthese von RNA aus Nucleotidtriphosphaten (Ribose als Zucker und Uridintriphosphat, UTP, anstelle von Thymidintriphosphat, mit Desoxyribose als Zucker, TPP, verwenden) als monomere Vorstufen (Einzelvorstufen) katalysieren

[13] Primer: Oligonucleotid, das für DNA-replizierende Enzyme (wie die DNA-Polymerase) als Startpunkt (oder Endpunkt) dient

[14] DNA-Polymerasen: Enzyme, welche die Synthese von DNA aus Nucleotidtriphosphaten (Desoxyribose als Zucker in TTP, ATP, GTP und CTP als Nucleotide) als monomere Vorstufen (Einzelvorstufen) katalysieren

[15] (–)-polare einzelsträngige DNA (Viren): Davon würde beim Transkribieren zwangsläufig eine (+)-orientierte RNA entstehen, die das Ribosom als mRNA erkennen kann, somit kann diese RNA translatiert werden

[16] mRNA, messenger RNA, Boten RNA: Übersetzt den genetischen Code der DNA in für tRNAs ablesbare Matrizen.

[17] Template: Matrize, Vorlage

[18] Plaque (Mikrobiologie): Freibleibende Stelle in Bakterienrasen

[19] Molekularbiologen: Beschäftigen sich hauptsächlich mit verschiedensten organischen Molekülen, um Organismen zu erforschen

[20] Kanamycin: Aminoglycosid-Antibioticum aus Streptomyces kanamyceticus (Streptomycetes – Actinobacteria – Grampositive – Bacteria)

Eingestellt am 6. Juli 2024

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Kanamycin A

Kanamycin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum aus der Streptomyceten-Gattung Streptomyces kanamyceticus, aus der es erstmals 1957 isoliert wurde.

Eingestellt am 6. Juli 2024

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