zum Glossar über:

Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

1 Schöne Überraschung

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,,Zwei Scheiben Toastbrot, die letzten der Packung,

Zum Frühstücksei – vielleicht deren zwei –

Kommen mit gerade recht!

Der Toaster steht, wunderbar, gleich nebenan.

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Fast fertig gekocht schon die Eier!

Nun in den Toaster das weiße quadratische Brot!

Ergraut aber scheint die Scheibe,

Die zweite dazu!

Schwarze Köpfchen auf dem fasrigen Teppich.

Weg damit!" –

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Zu lange schon blieb die Packung geöffnet,

Um Rhizopus‘[1] winzige Sporen am Zutritt zu hindern:

Fielen in feuchte Umgebung,

Setzten auf der Toastbrotscheibe sich fest.

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Trieben genüsslich Schläuche[2] zwischen zerrissene Zellen,

Körnern von Stärke[3], toten Sphären der Hefe[4],

Lösten ohne viel Aufwand

Enzymatisch[5 ]ihren Bedarf.

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Kein Hindernis verstellt den Weg.

Wachsen umgeben von nichts als Nahrung!

Besetzen, sich ständig verzweigend, nach allen Richtungen

Luftige Lücken durchwachsend, jeglichen Raum.

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Noch ist das Brot nicht völlig mit Fäden[6] durchzogen,

Doch bis zum Rand gefüllt sind die Speicher im Pilz!

Schon heben sich Hyphen, wachsen fast senkrecht empor,

Bähen zur Kugel sich an der Spitze,

Begrenzen das Köpfchen[7] zur tragenden Hyphe[8] mit bogigem Septum,

Teilen mehrfach mitotisch[9] die Kerne darin.

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Zerklüften restlos den Inhalt[10]

Mit Hilfe des Köpfchens ER,

Verteilen Protoplasma[11] gerecht auf die wartenden Kerne,

Geben Ribosomen[12] und andere Zellorganelle ebenfalls mit.

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Zu Ellipsoiden rundet, das Netz der Cisternen[13] spaltend,

Begrenzen Wandsubstanzen die neugebildeten Zellen,

Vergrößern sie leicht, lockern sie auf;

Sprengen des Behälters begrenzende Hülle[14],

Erwarten bewegte Luft zur Propagation[15]

Doch der Beutel behindert Strömung und Wind.

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Fallen einfach herab.

Besiedeln noch frei gebliebene Stellen,

Vermehren, solange der Vorrat noch reicht,

Der Hyphen kolonisierende Wucht.

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Fußnoten

[1] Rhizopus stolonifer: Gemeiner Brotschimmel (Mucorales, nicht separat behandelt – Mucoromycetes – Zygomycota – Multikarya – Unbegeißelte Chitinpilze –…)

[2] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände

[3] Stärke: Gemisch aus Amylose und Amylopectin; Speicherpolysaccharid der Pflanzen

[4] Bäckerhefe, Bierhefe, Weinhefe: Saccharomyces cerevisiae (Saccharomycetaceae – Saccharomycotina – Dikarya – Unbegeißelte Chitinpilze – Fungi –…)

[5] Enzym: Protein, das, an spezielle Moleküle angepasst, Synthese oder Abbau katalysiert. Meistens werden mehrere Enzyme zu einem Komplex verbunden, um eine räumliche Nähe zwischen den einzelnen, aufeinanderfolgenden Syntheseschritten herzustellen

[6] Hyphen

[7] Septum (Algen, Pilze): Querwand eines einzellreihigen Fadens, eines Trichoms, eines Zellausläufers, einer Hyphe

[8] Sporangienträger: Als Träger von Sporangien besonders gestaltete Hyphen

[9] Mitose, mitotisch: Im Kern mittig in einer Ebene versammelte Chromosomen bildeten je zwei identische Chromatiden, die bei der Mitose durch Mikrotubuli separiert werden und, von einer Zellwand getrennt, als identische Chromosomensätze der entstandenen Zellen wirken

[10] Sporenbildung durch Zerklüftung (Fungi): Dabei wird der gesamte protoplasmatische Inhalt des Sporangiums zerklüftet, das heißt mit Hilfe der Cisternen restlos auf die Sporen aufgeteilt; damit dies gelingen kann, gliedern sich die Cisternen in das Plasmalemma des Sporangiums ein und verschmelzen nach und nach miteinander, bis alles auf die Kerne aufgeteilt ist.

[11] Protoplast, Protoplasma: Gesamter Inhalt einer Zelle

[12] Ribosom: Organell aus ribosomaler RNA und Proteinen. Es dient zur Translation der mRNA-Informationen in Proteine. Meist sind mehrere Ribosomen über die mRNA kettenartig verbunden, um zugleich mehrere Ablesevorgänge hintereinander ablaufen lassen zu können

[13] Cisternen: Abkömmlinge des endoplasmatischen Retikulums in hohler und oft flacher Form; Zellvesikel auch Zellkerne sind damit umgeben; besitzen den gleichen Grundbau wie die Zellmembran.

[14] Peridie (generell): Begrenzende Schutzschicht eines Sporenbehälters (eines Sporangium oder eines geschlossenen, größeren Sporenbehälters) als Zellwand oder als ein- bis mehrzellschichtige Wand

[15] Propagation: Ausbreitung

Eingestellt am 15. März 2025

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Oben: Mucor sp. (Original; Reinhard Agerer)

Unten: Rhizopus stolonifer (Original; Reinhard Agerer)

Lange ausläuferartige Hyphen (Stolonen) überziehen einen Nährmedienagar; an verschiedenen Stellen verzweigen sich krallenartig Hyphen („Rhizoide“; braun) an denen mehrere Sprorangienträger nach oben stehen; Sporangien als anthrazitfarbene Köpfchen zu erkennen, (gefüllt mit braunen Sporen).

Eingestellt am 15. März 2025

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Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

2 Suchen und Finden

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Seitenzweige, senkrecht den Hyphen[1] entspringend,

Geben Signal, jetzt ist es so weit:

Nahrung und Feuchtigkeit gehen zur Neige,

Sexuell sich um Nachwuchs zu kümmern[2].

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Bauen Carotin[3] über Retinal[4]

Zu den Trisporsäuren[5] um,

Gleich, ob plus- oder minus-bestimmt[6],

Denn der Empfänger erst, nachdem er die Säure verspürt,

Synthetisiert daraus spezifische Lockung,

Um dem Partner die Richtung zu weisen.

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Gezielt geleitet dadurch,

Treffen sich suchende Hyphen Spitze auf Spitze,

Drücken sich, intime Beziehung begehrend,

Eng aneinander, erweitern sich blasig,

Grenzen je ein Gametangium[7] ab,

Bevor sie zur Einheit verschmelzen[8].

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Kerne[9] durchmischen sich nun im vereinten Behälter,

Bis ein einziges Paar als erstes die Chance ergreift,

Höheren Zielen wegen, ihre Freiheit dem Partner zu geben[10],

Um Zukunftspläne zu sichern in diploider Version[11].

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Zu spät bemerken die andern, dass ihre Chance vorbei,

Als der Befehl, langsam sich aufzulösen, sie unerbittlich erreicht.

Damit ihr Leben nicht gänzlich vergebens,

Unterstützen die glücklich Vereinten sie

Mit allem, was zuvor ihr Eigen

Und wünschen der neuen Zygote[12] auf ihrem Weg viel Glück.

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Sie vergrößert sich, unterstützt durch der anhängenden Hyphen Tat,

Zur doppelt und dreifach vergrößerten Kugel,

Verstärkt ihre Wand, imprägniert mit Melanin[13] sie zum Schutz und

Legt danach sich auf längere Dauer zur Ruh[14]

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Fußnoten

[1] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände

[2] Sexuelle Fortpflanzung: Dafür sind drei Vorgänge miteinander gekoppelt, Meiose (abgekürzt mit R!), Plasmogamie (Zellen vereinen sich, abgekürzt mit P!) und Karyogamie (Kerne verschmelzen, abgekürzt mit K!) verbunden, wobei P! und K!, mit Ausnahme bei Dikarya, unmittelbar aufeinander folgen. Bei Dikarya (Unbegeißelte Chitinpilze – Fungi – Opisthokonta – Eukarya) sind beide Vorgänge unterschiedlich lang (weit) voneinander getrennt. Da bei Animalia und Plantae P! und K! unmittelbar aufeinander folgen, werden beide Vorgänge häufig zu Befruchtung (B!) zusammengefasst.

[3] Carotinoide: Carotinoide sind lineare Kohlenwasserstoffe mit vielen konjugierten Doppelbindungen (= benachbarte Kohlenstoffatome sind in wechselnder Abfolge mit einer einfachen und einer Doppelbindung miteinander verknüpft), an deren beiden Enden jeweils ein Kohlenstoffring aus sechs Atomen hängt. Je nach Lage einer Doppelbindung in diesen Sechserringen und ob eine Hydroxylgruppe [–OH] oder andere zusätzliche Gruppen an Sechserringen hängen, werden verschiedene Typen an Carotinoiden unterschieden, die auch in ihrer Färbung voneinander abweichen und somit Licht anderer Wellenlängen aufnehmen können; nicht selten nur als Farbstoff vorhanden.

[4] Retinal (11-cis-Retinal): Chromophor des Rhodopsins; wird aus Vitamin A gebildet

[5] Trisporsäuren: Pheromone, verantwortlich für sexuelle Differenzierung von Mucoromycetes

[6] Heterothallisch, diözisch: Kontärgeschlechtliche (+ / –)-Hyphen zweier verschiedener (hetero-) Mycelien (-thalli) trafen sich zur sexuellen Fortpflanzung

[7] Gametangien: Behälter für Gameten; oder für Zellkerne, die, ohne Gameten zu bilden, dazu bestimmt sind, über Karyogamie der sexuellen Fortpflanzung zu dienen

[8] Plasmogamie: Verschmelzung der Protoplasten zweier Zellen im Zuge sexuellere Fortpflanzung; abgekürzt P!

[9] Zellkern: Chromosomen einschließendes, cisternenumgebenes Organell der Eukarya, in dem u. a. im Zuge der Mitose, auch der Meiose, die Verdopplung der Chromosomen stattfindet

[10] Karyogamie: Verschmelzung zweier haploider Zellkerne; abgekürzt K!

[11] Diploid: Zellkerne mit doppeltem Satz zusammenpassender, homologer Chromosomen; ausgedrückt mit 2n

[12] Zygote: Diploide Zelle, die nach der Verschmelzung zweier haploider Kerne im Zuge der sexuellen Fortpflanzung entstand

[13] Pilzmelanine: Eine diverse Gruppe bräunlicher bis schwarzer Substanzen von Fungi, die ihren Ausgang von Pentaketiden nehmen (entstanden aus fünf Acetaten) und nicht von DOPA, wie dies für Animalia zutrifft.

[14] Dauerzygote: Zygote, die der Überdauerung dient, meist gekennzeichnet durch dicke, widerstandsfähige, oft auch dunkle Wand

Eingestellt am 15. März 2025

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Trisporsäure, Pheromon der Mucoromycetes und ihre Entstehung, gezeigt für Blakeslea trispora (ppt-generiert; Reinhard Agerer)

β-Carotin (oben, 1. Reihe) wird von beiden Kreuzungstypen (+/–)-Mycelien über Retinal (darunter, 2. Reihe) in 4-Hydrotrisporol (3. Reihe) umgewandelt. (+)-Mycelien konvertieren 4-Hydrotrisporol, nachdem es dorthin diffundiert ist, zum Methylester von 4-Dehydrosporsäure (links, 4. Reihe), (–)-Mycelien zu Trisporol (rechts, 4. Reihe). Beide Mycelien wandeln diese Moleküle zu Trisporsäure (unten), mit der sich die Zygophoren gegenseitig anlocken, um nach ihrem Treffen Gametangien zu bilden.

Nach Webster & Weber, S. 175, Fig. 79

Eingestellt am 15. März 2015

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Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

3 Erwachen

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Allmählich kommt Ordnung in der Chromatiden[1] Gewirr,

Verdoppeln, verkürzen sich, wandern langsam zur Mitte,

Zugleich teilt der Spindelpolkörper[2] sich,

Gibt den Hälften zu wandern Befehl:

Bezieh‘n gegenüber final Position

Als Treffpunkt der Kernteilungstubuli[3].

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Einmal reduziert und nochmals geteilt[4],

Liegen nun vier haploide[5] Nuclei[6] in der Dauerzygote[7];

Zwei Kerne plus-, die anderen minus-gestimmt[8],

Erwarten des Schicksals Würfel,

Sind zum Verschwinden doch drei von ihnen bestimmt,

Der letzte eilt im Keimschlauch[9] davon.

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Nicht weit vom Ursprung entfernt,

Bläht er apikal sich schon auf,

Jagt seine Kerne, mitotisch[10] mächtig vermehrt,

In diese Blase,

Schottet mit Septum

Zum Keimschlauch sie ab.

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Nichts Neues muss das Köpfchen erfinden,

Wenn es als Sporenbehälter[11] fungiert,

Verwendet die gleichen Methoden[12] nämlich,

Wie das asexuelle Sporangium[13] dies bereits demonstriert.

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Nur einen Typ von Sporen[14] verstreut das Sporangium nun,

Denn ein einziger Kern nur, war der Ursprung von allen,

Der Zufall verbindet dies mit riesiger Zahl,

So, dass Plus- und Minus-Mycelien entstehen in etwa pari[15],[16].

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Fußnoten

[1] Chromatid: Einer der beiden identischen Teile, in die ein Chromosom während der mitotischen Prophase dupliziert wird und (am Centromer) noch zusammenhängen

[2] Spindelpolkörper als Mikrotubuliorganisationszentrum: Elektronendichte Körper besonderen Baus, dienen bei Rhodophyta und Unbegeißelten Chitinpilzen der Kernteilung; an ihnen setzt die Kernteilungsspindel an, um Chromosomen in die Tochterkerne zu ziehen

[3] Kernteilungstubuli: Chromosomen und Chromatiden separierende Mikrotubuli

[4] Meiose, meiotisch: Meiose dient der Reduktion eines diploiden Chromosomensatzes zu haploiden Sätzen. Dabei werden einander entsprechende Chromosomen, im Kern sich dann mittig in einer Ebene gegenüberstehend, gepaart und anschließend in entgegengesetzter Richtung („polwärts“) separiert. Dieser Vorgang wird auch als Reduktionsteilung (oft abgekürzt als R! und zugleich stellvertretend für die ganze Meioseverwendet) bezeichnet. Da die voneinander getrennten haploiden Chromosomen schon verdoppelt sind, schließt sich an die Reduktionsteilung noch eine mitotische Teilung an, so dass vier haploide Kerne letztlich vorliegen

[5] Haploid: Zellkerne mit einfachem Chromosomensatz; ausgedrückt als n

[6] Nucleus: Zellkern

[7] Dauerzygote: Zygote, die der Überdauerung dient, meist gekennzeichnet durch dicke, widerstandsfähige, oft auch dunkle Wand

[8] Plus- und Minus-Kerne, Konträrgeschlechtliche Kerne: Wenn es nicht möglich ist, Kernen weibliche oder männliche Funktion zuzuschreiben, werden sie neutral als (+)-, bzw. (–)-Kern bezeichnet; oft auch α- und β-Kern.

[9] Keimschlauch: Schlauchartige, zunächst querwandlose Struktur, mit der bewegliche oder unbewegliche, oft Überdauerungsstadien, auswachsen, „keimen“

[10] Mitose, mitotisch: Im Kern mittig in einer Ebene versammelte Chromosomen bildeten je zwei identische Chromatiden, die bei der Mitose durch Mikrotubuli separiert werden und, von einer Zellwand getrennt, als identische Chromosomensätze der entstandenen Zellen wirken

[11] Aplanosporen: Nichteigenbewegliche, geißellose Sporen

[12] Sporenbildung durch Zerklüftung (Fungi): Dabei wird der gesamte protoplasmatische Inhalt des Sporangiums zerklüftet, das heißt mit Hilfe der Cisternen restlos auf die Sporen aufgeteilt; damit dies gelingen kann. gliedern sich die Cisternen in das Plasmalemma des Sporangiums ein und verschmelzen nach und nach miteinander, bis alles auf die Kerne aufgeteilt ist.

[13] Sporangium: Behälter, in dem Sporen asexuell oder sexuell gebildet werden

[14] (+)-Sporen oder (–)-Sporen

[15] Heterothallisch, diözisch: Kontärgeschlechtliche (+ / –)-Hyphen zweier verschiedener (hetero-) Mycelien (-thalli) treffen sich zur sexuellen Fortpflanzung

[16] Pari: gleich, ausgeglichen

Eingestellt am 15. März 2025

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Entwicklungszyklus heterothallischer Mucoromycetes (ppt-generiert; Reinhard Agerer)

Vielkernige Zygophoren zweier konträrgeschlechtlicher Mycelien (ausgedrückt durch Punkt- und Kringelkerne) treffen sich.

Nachdem sich die beiden getroffen und abgeplattet haben, trennen sie durch je ein Septum ein vielkerniges Gametangium ab; während das Mycel selbst siphonal, also ohne Querwände, organisiert ist; die beiden aneinanderliegenden, sie noch trennenden Wände werden aufgelöst, so dass sich die Protoplasten vereinen können (P!).

Die Kerne durchmischen sich; nur je ein Kern der Gametangien verschmilzt zur diploiden Zygote (K!), während die restlichen Kerne aufgelöst werden (durch x gekennzeichnet); daraus entsteht eine einkernige Dauerzygote mit dicker, dunkler Wand, die häufig noch mit Oberflächenstrukturen versehen sein kann.

Keimt die Dauerzygote, erfolgt die Meiose (R!) und ein Keimschlauch durchbricht die Wand, der an seiner Spitze eine Erweiterung trägt. Alle bis auf einen Kern der vier nach der Meiose entstanden haploiden Kerne werden aufgelöst (durch x gekennzeichnet); mitotisch (M!) erheblich vermehrt, wandern sie in die sich vergrößernde Blase, die zum Sporangium wird; die Sporen sind damit nur eines Kreuzungstyps (+ oder –). Ein Septum trennt das Sporangium vom Sporangienträger, das sich auch kuppelförmig gestalten kann, womit eine Columella entsteht; Sporen werden durch Plasmazerklüftung gebildet, wobei der ursprüngliche Protopalst restlos auf die entstehenden Sporen aufgeteilt wird; Sporen runden sich ab, trennen sich dadurch voneinander; beim Platzen der Peridie werden sie frei.

Die Sporen keimen bei geeigneten Umweltbedingungen mit einem vielkernigen, siphonalen Mycel aus, womit der Kreislauf der Hauptfruchtform (brauen Pfeile) geschlossen ist.

Am Mycel bilden sich ähnlich gestaltete Sporangienträger mit Sporangien, wobei der Sporenbildung keine Meiose vorausgeht; Mitosen vermehren erheblich die Kerne und damit asexuell entstandene Sporen; auch sie können mit Hyphen zu Mycel auskeimen, womit der Nebenkreislauf geschlossen ist; diese Sporangien werden in Vielzahl gebildet und somit die Zahl der Verbreitungseinheiten potenziert, womit eine erhebliche Ausbreitungspotenz des Pilzes verbunden ist.

In Kreisform dargestellt, erkennen wir einen haploiden Organismus (n, dünne Linien), bei dem auf die Plasmogamie (P!) unmittelbar die Karyogamie (K!) erfolgt und danach sofort die Meiose (R!); den haploiden Kernen entsprießen wieder haploide Hyphen (braune Linie, HFF); der Nebenkreislauf (violette Linie, NFF) dient der schnellen, clonalen Vermehrung des Pilzes.

Eigenem Vorlesungsmanuskript entnommen.

In den nachfolgenden sieben Abbildungen ist der Entwicklungszyklus einer Powerpoint-Präsentation ähnlich aufgebaut

Eingestellt am 15. März 2025

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Vielkernige Zygophoren zweier konträrgeschlechtlicher Mycelien (ausgedrückt durch Punkt- und Kringelkerne) treffen sich.

Nachdem sich die beiden getroffen und abgeplattet haben, trennen sie durch je ein Septum ein vielkerniges Gametangium ab; während das Mycel selbst siphonal, also ohne Querwände, organisiert ist; die beiden aneinanderliegenden, sie noch trennenden Wände werden aufgelöst, so dass sich die Protoplasten vereinen können (P!).

Die Kerne durchmischen sich; nur je ein Kern der Gametangien verschmilzt zur diploiden Zygote (K!), während die restlichen Kerne aufgelöst werden (durch x gekennzeichnet); daraus entsteht eine einkernige Dauerzygote mit dicker, dunkler Wand, die häufig noch mit Oberflächenstrukturen versehen sein kann.

Keimt die Dauerzygote, erfolgt die Meiose (R!) und ein Keimschlauch durchbricht die Wand, der an seiner Spitze eine Erweiterung trägt. Alle bis auf einen Kern der vier nach der Meiose entstanden haploiden Kerne werden aufgelöst (durch x gekennzeichnet); mitotisch (M!) erheblich vermehrt, wandern sie in die sich vergrößernde Blase, die zum Sporangium wird; die Sporen sind damit nur eines Kreuzungstyps (+ oder –). Ein Septum trennt das Sporangium vom Sporangienträger, das sich auch kuppelförmig gestalten kann, womit eine Columella entsteht; Sporen werden durch Plasmazerklüftung gebildet, wobei der ursprüngliche Protopalst restlos auf die entstehenden Sporen aufgeteilt wird; Sporen runden sich ab, trennen sich dadurch voneinander; beim Platzen der Peridie werden sie frei.

Die Sporen keimen bei geeigneten Umweltbedingungen mit einem vielkernigen, siphonalen Mycel aus, womit der Kreislauf der Hauptfruchtform (brauen Pfeile) geschlossen ist.

Am Mycel bilden sich ähnlich gestaltete Sporangienträger mit Sporangien, wobei der Sporenbildung keine Meiose vorausgeht; Mitosen vermehren erheblich die Kerne und damit asexuell entstandene Sporen; auch sie können mit Hyphen zu Mycel auskeimen, womit der Nebenkreislauf geschlossen ist; diese Sporangien werden in Vielzahl gebildet und somit die Zahl der Verbreitungseinheiten potenziert, womit eine erhebliche Ausbreitungspotenz des Pilzes verbunden ist.

In Kreisform dargestellt, erkennen wir einen haploiden Organismus (n, dünne Linien), bei dem auf die Plasmogamie (P!) unmittelbar die Karyogamie (K!) erfolgt und danach sofort die Meiose (R!); den haploiden Kernen entsprießen wieder haploide Hyphen (braune Linie, HFF); der Nebenkreislauf (violette Linie, NFF) dient der schnellen, clonalen Vermehrung des Pilzes.

Eigenem Vorlesungsmanuskript entnommen.

Eingestellt am 15. März 2025

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Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

4 Sexuelle Vielfalt

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Heterothallisch[1], mit zwei verschieden gestimmten Mycelien[2],

Leben viele der gut neunhundert Arten.

Mehr als genug erfüllen aber sich selbst, ganz allein[3] den Wunsch,

Nachkommen den Weg in die Zukunft zu ebnen:

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Knapp nebeneinander, der gleichen Hyphe[4] entspringend,

Oder ein sich rückbesinnender, rückkehrender Ast,

Wachsen suchend gametangienwillig[5] aufeinander zu,

Hoffen, wie die Heterohyphen-Verwandten[6], Dauerzygoten[7] das Leben zu schenken.

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Der Größe nach gleich[8],

Oder doch verschieden[9] in Form und Gestalt,

Führen sie immer dasselbe im Blick:

Fitness im Sinne der Nachkommen Zahl. –

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Warum Gametangien nicht immer sich gleichen

Bleibt auch ihnen beständig ein Rätsel wohl;

Würde das kleine dem großen die Kerne bei Vereinigung bieten,

Wären die Thalli[10] fast Männchen und Frau.

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Fußnoten

[1] Heterothallisch, diözisch: Kontärgeschlechtliche (+ / –)-Hyphen zweier verschiedener (hetero-) Mycelien (-thalli) treffen sich zur sexuellen Fortpflanzung

[2] Mycel: Gesamtheit dicht oft wachender Hyphen

[3] Homothallisch, monözisch: Hyphen ein und desselben Mycels sind in der Lage, sich sexuell fortzupflanzen

[4] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände

[5] Gametangien: Behälter für Gameten; oder für Zellkerne, die, ohne Gameten zu bilden, dazu bestimmt sind, über Karyogamie der sexuellen Fortpflanzung zu dienen

[6] Heterothallische

[7] Dauerzygote: Zygote, die der Überdauerung dient, meist gekennzeichnet durch dicke, widerstandsfähige, oft auch dunkle Wand, gelegentlich mit Oberflächenstrukturen

[8] Isogametangiogamie: Plasmogamie gleichgestalteter Gametangien

[9] Anisogametangiogamie: Plasmogamie verschieden großer/gestalteter Gametangien

[10] Thallus: Körper von Pflanzen (Pilzen), die nicht in Spross, Blatt und Wurzel gegliedert sind

Eingestellt am 15. März 2025

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Verschiedene Dauerzygoten vom Mucoromycetes (Originale; Reinhard Agerer)

Phycomyces blakesleanus (links oben): Dickwandige, braune, hirschgeweihförmig verzweigte Hüllhyphen, beiden Suspensoren (Teil der Zygophoren nach Bildung der Gametangien) entspringend, umgeben schützend die Dauerzygote; hier zwar nicht erkennbar, handelt es sich aber um eine heterothallische Isogametangiogamie (die Suspensoren entspringen konträrgeschlechtlichen Mycelien, (+/–)-Mycelien; auf Isogametangiogamie lässt sich schließen, weil die Suspensoren gleichgroß und gleichgestaltet sind). Rein vom optischen Eindruck her lässt sich auf einen stacheldrahtartigen Schutz schließen, wahrscheinlicher ist aber dadurch eine Verbreitung durch Tiere (Epizoochorie), wenn sich diese Suspensoren in der Oberfläche von kleinen Tieren verkrallen.

Absidia sp. (rechts oben): Dickwandige, braune Dauerzygote mit warzenförmigen Wanderhebungen wird, von beiden Suspensoren ausgehend (als beidseits als Kalotte erkennbar) von farblosen Hüllhyphen umgeben; hier liegt eine homothallische Isogametangiogamie vor.

Zygorrhynchus sp. (links unten): Überblick über eine Schar von Dauerzygoten mit stachelförmiger Oberflächenstruktur und fehlenden Hüllhyphen. Rechts sind zwei Dauerzygoten in stärkerer Vergrößerung dargestellt: An der rechen Dauerzygote lassen sich ein größerer Suspensor (oberhalb der Dauerzygote) und ein kleinerer (rechts davon) erkennen, was auf Anisogametangiogamie schließen lässt. An der linken Dauerzygote zeigt sich der große Suspensor in Seitenansicht, der kleine ist verdeckt; schon aus der Anordnung der beiden Suspensoren (gehen von ein und derselben Hyphe aus) lässt sich auf Homothallie schließen.

Alle Arten sind auf nährstoffhaltigem Agar gezogen.

Eingestellt am 15. März 2025

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Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

5 Risiko streuen und minimieren

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Hunderte Sporen[1] nach Platzen des schützenden Häutchens[2]

Alle auf einmal ins Freie zu bringen,

Setzt, um vielen Keimung und weiteres Wachstum zu garantieren,

Synchronisiertes Öffnen mit günstigem Umfeld voraus.

Nur hohe Zahlen geben, besonders wenn Zeiten nicht förderlich,

Arten höchstwahrscheinlichen Fortbestand.

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Risikominimieren[3] ist einigen aller Anstrengung wert,

Verteilen Sporen auf größere Zahlen kleiner Behälter,

Produzieren keine Sporangien[4 ]in Großdimensionen:

Sporangiolen mit wenigen Sporen verleihen höhere Flexibilität.

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Sporangiolen, an feinen und mehrfach verzweigten Ästchen,

Oder an aufgetrieb‘nen, kopfartigen Enden befestigt,

Verringern oftmals noch weiter die Zahl ihrer Sporen,

Ordnen sie räumlich, oder zur Reihe,

Bieten mitunter nur einer einzigen Platz,

Sparen sich häufig auch der Spore eigene Wand.

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Lassen zu unterschiedlichen Zeiten sie reifen,

Präsentieren nur nach und nach sie der unzuverlässigen Welt,

Wählen mit solchem Versuch- und Irrtumsprinzip

Ohne Zweifel auch öfter die günstigste Zeit. –

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Ein Spezialist, der nur Pferdemist frisst,

Fristet sein Leben überwiegend in der Prärie[5],

Wenn er auch heute, den Rössern[6] überall folgend,

In vielen Wiesen und Weiden vorkommt.

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Ein spezielles Dilemma musste er evolutiv überwinden.

Doch, wie die Vorfahren aussahen, wer sie waren,

Bleibt wildeste Spekulation, denn

Keine einzige Art nur zeigt uns eine mögliche Spur.

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Pilobolus[7], lautet sein treffender Name,

Warum, wird am Ende erst steh‘n.

Genießt der Rossäpfel[8] vorverdaute Reste,

Sowie Gleitschleime des langgeschlungenen Darms.

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Er selbst kommt mit Sporen,

Unverdaut blieben sie auf ihrem gefährlichen Weg,

Mit seiner Nahrung polternd ins Freie,

Wartet auf Sauerstoff, Regen oder nur Tau.

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In der Prärie liegt er, samt seinen Bollen,

Umzäunt von saftigem Grün,

Wartet vergebens, dass Pferde die Sporen zu sich nehmen,

Denn der Exkremente Nähe meiden sie gern.

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Eine durchsichtige, bis zum Platzen mit Wasser befüllte Blase

Schiebt er zwischen Sporenbehälter und tragendem Ast[9];

Lichtstrahlen, sich an der Wand der Blase brechend,

Leitet der Inhalt gebündelt hinab.

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Nur, wenn die Strahlen senkrecht von oben,

Aus des Sporangiums Richtung einfallen,

Verlaufen sie, von carotinoidhaltiger[10] Blende[11]

An der Basis der Blase von Streustrahlen[12] befreit,

Parallel nach unten, entlang der tragenden Hyphe[13];

Fallen sie schräg an die Wand,

Richtet die Hyphe, um Weniges wachsend,

Die Blase erneut parallel zu Lichtstrahlen aus.

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Aus der Tiefe der grasumstandenen Lichtung

Zeigt das Sporangium[14], der Helligkeit folgend,

Nun Richtung Himmel, hinaus aus dem grasgrünen Trichter und

Wartet auf seiner Blase baldiges Platzen

Rund um den Sporenbehälter

Und seiner blitzschnellen Befreiung mit katapultartigem Schuss.

Mit fünf, höchstens achtundzwanzig Meter in der Sekunde[15]

Schnellt Pilobolus sein Sporangium fort.

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Als Ganzes fliegt es mitsamt seinen Sporen

Durch die Prärie zweieinhalb Meter oft weit[16],

Klebt sich, cystoplasmatische[17] Reste der Blase verwendend,

An einen Gegenstand, oft einen Grashalm, fest.

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Weit weg kommt es zu liegen,

An einer Stelle, entfernt vom gemiedenen Ort,

Wartet geduldig auf rupfende Zähne der Pferde,

Auf ihre Reise durch den sie schonenden Darm.

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Fußnoten

[1] Aplanosporen: Nichteigenbewegliche, geißellose Sporen

[2] Peridie (generell): Begrenzende Schutzschicht eines Sporenbehälters (eines Sporangium oder eines geschlossenen, größeren Sporenbehälters) als Zellwand oder als ein- bis mehrzellschichtige Wand

[3] Risikominimieren: Ein entscheidendes Prinzip der Evolution. Um Verluste an möglichen Nachkommen möglichst zu reduzieren, haben sich erfolgversprechende Strategien entwickelt; z. B. Risikostreuen, was bedeutet, nicht alles auf eine Karte zu setzen, nicht alle Sporen, Samen oder Früchte, auf einmal reifen zu lassen und in einem Schub zu verbreiten. Zeitliche Streuung z. B. erhöht die Wahrscheinlichkeit, günstige Zeiten für die Verbreitung durch Vektoren zu treffen, oder Perioden für günstiges Wachstum oder fürs Überleben, etc. Freilich wird dabei während eines Zeitpunktes die Menge der Verbreitungseinheiten geringer, doch am Ende wird sich diese Strategie evolutiv für den Organismus lohnen. Wenn aber Organismen fürs Wachstum auf zeitlich beschränktes Vorkommen günstiger Bedingungen angewiesen sind, wird eine explosionsartige Vermehrung die günstigste Lösung sein; in diesem Zusammenhang sind dann schnell reagierende Nebenfruchtformen mit ihren asexuell entstandenen Verbreitungseinheiten von Vorteil, z. B. dann, wenn ein Substrat (Stärke, Zucker, Partner eines Symbionten, Wirt eines Parasiten) stark umworben sind oder nur kurzzeitig zur Verfügung stehen.

[4] Sporangiolen: Kleine Sporangien mit nur wenigen (1 bis etwa 5) Sporen

[5] Prärie: mit Gras bewachsene Steppe Nordamerikas

[6] Ross, Pferd: Equus caballus (Hippomorpha – Mesaxonia – Ungulata – Übrige Laurasiatheria – Laurasiatheria –…)

[7] Pilobolus: Pillenwerfer (Pillobolaceae; nicht separat behandelt – Mucoromycetes – Zygomycota – Multikarya – Unbegeißellte Chitinpilze –…)

[8] Rossäpfel, Rossbollen, Pferdeäpfel: Kot, Exkremente von Pferden

[9] Sporangienträger: Besonders gestaltete Hyphen als Träger von Sporangien

[10] Carotinoide: Carotinoide sind lineare Kohlenwasserstoffe mit vielen konjugierten Doppelbindungen (= benachbarte Kohlenstoffatome sind in wechselnder Abfolge mit einer einfachen und einer Doppelbindung miteinander verknüpft), an deren beiden Enden jeweils ein Kohlenstoffring aus sechs Atomen hängt. Je nach Lage einer Doppelbindung in diesen Sechserringen und ob eine Hydroxylgruppe [–OH] oder andere zusätzliche Gruppen an Sechserringen hängen, werden verschiedene Typen an Carotinoiden unterschieden, die auch in ihrer Färbung voneinander abweichen und somit Licht anderer Wellenlängen aufnehmen können; nicht selten nur als Farbstoff vorhanden.

[11] Lochblende: Kleine, lochförmige Öffnung

[12] Streustrahlen: Entstehen durch die Wechselwirkung von Licht mit kleinen Partikeln, Atomen und Molekülen werden dadurch von der geradlinigen Bahn abgelenkt. 

[13] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände

[14] Sporangium: Behälter, in dem Sporen asexuell oder sexuell gebildet werden

[15] Meter pro Sekunde: ms-1, Geschwindigkeit

[16] Bei optimalem Schusswinkel und maximaler Geschwindigkeit

[17] Cytoplasma: Flüssiger Zellinhalt mit darin liegendem Cytoskelett

Eingestellt am 15. März 2025

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Abwandlungsmöglichkeiten von Sporangien zu Sporangiolen und Kondien bei Mucoromycetes; schematisch dargestellt (ppt-generiert; Reinhard Agerer)

Links außen: Ein typisches vielsporiges Sporangium mit Peridie (rot), Columella (ocker) und Sporangienträger (St, schwarz).

Rechts darüber: Eine Kombination aus Sporangium und Sporangiolen, wobei das Sporangium das Ende des Sporangienträgers bildet; die wenigsporigen Sporangiolen mit eigenem Träger besitzen keine Columella, wohl um Platz für Sporen zu sparen.

Darunter: Mache Arten bilden nur noch Sporangiolen, deren Sporen unterschiedlichen Reifezeiten unterliegen und demnach auch zu unterschiedlichen Zeiten ausgestreut werden.

Mitte: Voluminöse Blasen mit Sporangiolen. Je größer die Blase, je dichter die Sporangiolen stehen, so höhere Sporenzahlen werden erreicht. Sporen sind selten in einer kugligen Sporangiole angeordnet, vielmehr stehen sie oft hintereinander in Reihe, nutzen damit den Raum besser aus als kuglige Sporangiolen. In drei verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten der Evolution dargestellt. Mitte rechts: Sporangiolen sind als Aussackungen des Sporangiums entstanden (Peridie rot). Mitte mittig: Peridie zurückgebildet, dafür übernimmt eine vergrößerte Columella die Blasenbildung (Columella ocker). Mitte links: Columella (ocker) vergrößerte sich derart, dass die Sporangiolen gleichsam aus dem Sporangium hinausgedrängt wurden, daher sind die Sporangiolen von Abkömmlingen der Peridie (rot) umhüllt; Columellareste hier noch erkennbar (ocker).

Rechts: Entstehungsmöglichkeiten von Konidien über einsporige Sporangiolen aus der ursprünglichen Columella (ocker): Zellwand der Sporen links noch erkennbar, der Pfeil deutet die Reduktion der Sporenwand an, so dass Konidien dadurch als neue Verbreitungseinheiten aus einsporigen Sporangiolen entstanden sind. Alternativ könnten Konidien aufgrund Peridienbeteiligung (rot) gebildet worden sein.

Mitte und rechts werden unterschiedliche Hypothesen dargestellt, für die es derzeit keine Hinweise auf Gültigkeit gibt.

Eingestellt am 15. März 2025

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Aus Gäumann (1926), Seite 105, Abb. 64

Lizenz: Gemeinfei; wegen des Alters der Publikation

Eingestellt am 15. März 2025

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Pilobolus: Sporangienträger (Originale; Reinhard Agerer)

Rechts oben: Einige Sporangienträger auf Pferdeäpfeln mit apikaler Blase und aufsitzendem, schwarzem Sporangium.

Hintergrundbild: Vergrößerter Sporangienträger mit vollturgeszenter Blase (Kondensationstropfen hängen außen an) und aufsitzendem Sporangium. Knapp unter dem Sporangium zeigt ein hellbräunlicher Ring ausgetretenen Schleim an, unter dem bei Helligkeit die Blase zerreißen wird und das Sporangium dabei mit Schleimanhang wegfliegt; beim Auftreffen dreht sich das Sporangium um und klebt sich mit dem Schleim an Gräser und andere Pflanzen fest, trocknet aus und wartet auf ein grasendes Pferd. Der Carotinoidring dient als Blende für Lichtstrahlen, die sich an der Wand der durchsichtigen Blase brechen; der Träger der Blase wird so lange einseitig wachsen, sich krümmen, bis Strahlen durch die lochblendenartige Verengung des Carotinoidrings fallen; dann wird das Sporangium Richtung Licht abgeschossen. Durch die Orientierung hin zum Licht soll gewährleistet werden, dass die Sporangien aus der Vertiefung, in der die Pferdeäpfel liegen, hinausgeschossen werden und nicht am benachbarten Gras hängenbleiben (Schema rechts unten).

Eingestellt am 15. März 2025

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Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

6 Schutz- und Lockmittel

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Der Gametangien[1] tragende Hyphen[2],

Zur Zygotenermährung[3] gebraucht,

Geben sich mit dieser Aufgabe oft nicht zufrieden,

Treiben noch hüllende Fäden[4] um ihr Produkt.

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Phycomyces[5] erkennt der Zygote besonderen Wert,

Umgreift beidseits, aus Suspensoren getrieben,

Mit starren, hirschgeweihförmigen, dickwandig-spitzzackigen Stangen,

Wie mit Stacheldraht, dicht das Dauerorgan[6].

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Wirken die abstehenden Spieße als Schutz vor hungrigen Tieren,

Sollen gar sie wie Kletten an Körpern sich kleben,

Sich verbreiten lassen davon?

Beides zusammen birgt wohl am besten die Realität. –

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Einfache Fäden, leicht dickwandig und bogig gekrümmt,

Dienen womöglich eher dem Schutz,

Doch dicht ummantelnde, reservestoffhaltige Hyphen

Erscheinen für Pilzkonsumenten sicherlich recht attraktiv,

Sollen womöglich direkt sie zum Fressen verführen,

Zu sichern der Dauerzygoten Transport. –

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Endogone[7] treibt auf die Spitze dieses Prinzip,

Hüllt zig der Zygoten mit dichtem Mycel[8]

Zum Halb-Centimeter Fruchtkörper[9] ein,

Hofft, da nur im Boden zu finden,

Auf der Tiere wühlendes Suchen

Nach dem im Boden verborg'nen Genuss.

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Fußnoten

[1] Gametangien: Behälter für Gameten; oder für Zellkerne, die, ohne Gameten zu bilden, dazu bestimmt sind, über Karyogamie der sexuellen Fortpflanzung zu dienen

[2] Suspensoren (Mucoromycetes): Teil der Zygophoren nach Bildung der Gametangien, die unmittelbar an die Gametangien anschließen

[3] Zygote: Diploide Zelle, die nach der Verschmelzung zweier haploider Kerne im Zuge der sexuellen Fortpflanzung entstand

[4] Hüllhyphen (Mucoromycetes): Dauerzygoten umhüllende, aus den Suspensoren entspringende Hyphen

[5] Phycomyces blakesleanus (Mucorales; nicht separat behandelt – Mucoromycetes – Zygomycota – Multikarya – Unbegeißelte Chitinpilze – Fungi –…)

[6] Dauerzygote: Zygote, die der Überdauerung dient, meist gekennzeichnet durch dicke, widerstandsfähige, oft auch dunkle Wand, gelegentlich mit Oberflächenstrukturen

[7] Endogone lactiflua: Milchende Knotentrüffel (Endogonales; nicht separat behandelt – Mucoromycetes – Zygomycota – Multikarya – Unbegeißelte Chitinpilze – Fungi –…)

[8] Mycel: Gesamtheit dicht oft wachender Hyphen

[9] Fruchtkörper: Komplexe Hyphengeflechte, die Überdauerungsorgane oder Sporangien enthalten oder diese oberflächlich tragen

Eingestellt am 15. März 2025

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Endogone lactiflua (Originale; Reinhard Agerer)

Oben: Halbierter, auf einem Zweig sitzender Fruchtkörper (links Innenansicht, rechts Außenansicht)

Unten: Detailaufnahme im Übergangsbereich von kopfigem Teil und Stiel. An der Nahtstelle der beiden sind die gelblichen Dauerzygoten im weißen Mycel deutlich zu erkennen. Im Kopfbereich liegen sie so dicht, dass im Schnitt kaum mehr Mycel durchscheint.

Eingestellt am 15. März 2025

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Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

7 Verwandler

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Wer Indonesien einmal bereist,

Sollte Bongrek[1], Oncom[2], Tempeh[3] nicht gleich verschmähen,

Auch wenn auf weißlichem Grund grau-schwärzliche Köpfchen[4] die Nahrung belegen,

Rhizopus[5] mit Hyphen[6] wie krallende Wurzeln

Sporangienträger[7] verankert.

Denn er verdirbt nicht, verbessert das Gut!

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Hyphen erschließen Nährstoffe, verbessern Aromen,

Bereiten Schwerverdauliches auf;

Schaffen Arbeit und Nahrung für ostasiatische Völker,

Werkeln nicht nur fürs eigne Bedürfnis daran.

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Bongrek verwendet der Kokosnüsse[8] essbare Wandung,

Oncom der Erdnuss[9] gepresste, ruhende Cotyledonen[10],

Tempeh erschloss mit Hilfe der Pilze

Sojas[11] Reserven aus Protein[12] und Fett[13].

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Fußnoten

[1] Bongrek: Fermentierte Kokosnüsse

[2] Oncom: Fermentierte Erdnüsse

[3] Tempeh: Fermentierte Sojakerne

[4] Sporangium: Behälter, in dem Sporen asexuell oder sexuell gebildet werden

[5] Rhizopus stolonifer: Gemeiner Brotschimmel (Mucorales, nicht separat behandelt – Mucoromycetes – Zygomycota – Multikarya – Unbegeißelte Chitinpilze –…)

[6] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände

[7] Sporangienträger: Besonders gestaltete Hyphen als Träger von Sporangien

[8] Kokosnüsse, Früchte der Kokospalme: Cocos nucifera (Arecoideae – Arecales – Commelinanae – Liliidae – Dicotyle –…)

[9] Erdnuss: Arachis hypogaea (Faboideae – Fabaceae – Fabales – ZyFaRoFaCu-Verwandtschaft – Rosanae –…)

[10] Cotyledonen: Keimblätter von Samenpflanzen

[11] Soja: Glycine max (Faboideae – Fabaceae – Fabales – ZyFaRoFaCu-Verwandtschaft – Rosanae –…)

[12] Proteine: Aus Aminosäuren aufgebaute, komplexe Moleküle. Die [–NH2]-Gruppe einer Aminosäure wird mit der Hydroxylgruppe [–OH] der Säurefunktion [–COOH] unter Wasserabspaltung verknüpft, dabei entsteht eine charakteristische Abfolge von Atomen: [–C–N–C–C–N–]n, wobei das unmittelbar dem [N] benachbarte [C] einen doppelbindigen Sauerstoff [–C=O] trägt, das zweite der beiden benachbarten den Aminosäurerest

[13] Lipide (Fettes Öl): Ein Triglycerid aus Glycerin (mit drei [–OH]-Gruppen) und drei Fettsäuren, die als Fettsäurereste unter Wasserabspaltung ans Glycerin gebunden und eine Bindungsgruppe –C–O–(C=O)– ergeben

Eingestellt am 15. März 2025

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Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

8 Ruhe ohne Erwachen

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Ständiger Regen – ein plötzlicher Guss,

Schwemmt Mucoros[1] mitsamt seiner Zukunft davon,

Entführt ihn, manchmal krallt er sich irgendwo fest,

Weit in den unruhig feucht-dumpfen Wald.

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Am Rand des schon weit gewordenen Sees

Bleibt er, längst schon von überforderten Hyphen[2] befreit,

Nur seine Suspensoren[3] halten sich fest,

Im Innersten etwas erschüttert, atemlos liegen.

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Nach einer Weile fühlt er sich fast schon erholt,

Denkt an Kernteilung, Keimschlauch[4] und Sporen. –

Aber es ist zu spät:

Ein Wirbel saugt ihn mit sich hinab auf den Grund.

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Der Atem kommt ihm nicht wieder,

Denn Sauerstoff fehlt ihm zu sehr.

Ermüdet, ermattet, von toten Trieben und Zweigen umgeben,

Legt auch er sich für immer zur Ruh. –

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Zurückgezogen etwas hat sich der See.

Nur kleine Rinnsale noch

Bringen, über kalkige Steine stolpernd,

Frischwasser an den böschigen Rand.

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Überspülen ihn, so als wollten sie Mucoros wecken;

Doch vergeblich die Müh!

Nur eine Kalksinterdecke[5] legen sanft sie ihm über,

Ihn zu schützen in seinem Grab. –

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Jahrhunderte, Jahrtausende später vielleicht,

Bricht stürzendes Schwemmgut die dickere Decke

In kleinere Brocken und rollt sie

Tief auf den Seegrund hinab.

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Eingebettet, von dunklen Schichten umgeben,

Warten sie dreihundertzehn Millionen Jahre[6]

Bis sie als ,Kohlenbällchen'

Ein Paläontologe[7] entdeckt.

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Fußnoten

[1] Mucoros: Bezeichnung für einen hypothetischen Vorfahren der Mucoromycetes

[2] Hyphen: Einzellreihige, zellwandumgebene Fäden von Pilzen mit Spitzenwachstum, mit oder ohne Querwände

[3] Suspensoren (Mucoromycetes): Teil der Zygophoren nach Bildung der Gametangien, die unmittelbar an die Gametangien anschließen

[4] Keimschlauch: Schlauchartige, zunächst querwandlose Struktur, mit der bewegliche oder unbewegliche, oft Überdauerungsstadien, auswachsen, „keimen“

[5] Kalksinter: Poröser Kalkstein, der durch Ablagerung aus kalkhaltigen Quellen oder schnell fließenden Gewässern entstanden ist

[6] Pensylvanian-, Oberkarbon-Zeit: vor 318 – 299 Millionen Jahren

[7] Paläontologen: Erforschen frühere Lebewesen, indem sie deren Fossilien untersuchen

Eingestellt am 15. März 2025

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Mucoromycetes, Jochpilze i.e.S.

9 Vom Dunkel ans Licht

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Dunkle Kalkbällchen sammeln sie mit Akribie,

Hoffen auf Reste von Pflanzen, Pilzen und Tieren jeglicher Art,

Von außen jedoch erkennen sie nie,

Ob sich am Ende der Aufwand gelohnt für sie hat. –

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Eingespannt in den Halter, trennen sie,

Eine diamantbespitzte Minikreissäge verwendend dazu,

Von ihrem kostbaren, vielleicht auch wertlosen Fund

Aus Karbonischer Zeit[1], ein randliches Stück.

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Auch geübte Augen erkennen noch nichts,

Denn zu verkratzt, zu rauh, erweist sich die Fläche.

Keinen flüchtigen Hinweis gewährt das offene Stück,

Geschliffen muss es noch werden, bis aufs Feinste poliert.

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Mit Zwei-Komponenten-Kleber kittet der Forscher gespannt

Des Bällchens dann glänzende Seite

Auf ein zum Mikroskopieren geeignetes Glas

Und schneidet dünn eine Scheibe vom kalkdurchdrungenen Ball.

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Auf Hochglanz poliert, wandert,

Auf dem Objektträger unverrückbar fixiert,

Des Paläontologen[2] dünn geschliffene Scheibe,

Für einen ersten Check auf ein Mikrofossil, zum Lichtmikroskop. –

Zu dick: Zu wenig Licht

Passiert noch den Schnitt. –

Zurück zum Schleifen, erneut dann poliert –

Wieder zum Sichten ans Lichtmikroskop;

Endlich, des Forschers entscheidender Blick:

– Nichts von Belang!

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,,Eine Suche im Heuhaufen! Aber wonach?"

Nach einem unbekannten Fossil! –

Vielleicht im zweiten, im dritten, gar im vierten der Bällchen erst?! –

Hier liegt doch etwas inmitten des hellen Feldes im Lichtmikroskop!

Doch nicht genug der Struktur!

Zurück zum fossilisierten Ball! –

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In Serie liegen nun Schnitte auf ihren Trägern.

Erst die Zusammenschau liefert das fertige Bild:

Eine Dauerspore[3] mit zwei Suspensoren[4]!

Ob sie der Wissenschaft wohl schon bekannt?!SL

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Fußnoten

[1] Karbon-Zeit: Vor 359 – 299 Millionen Jahren

[2] Paläontologen: Erforschen frühere Lebewesen, indem sie deren Fossilien untersuchen

[3] Dauerzygote: Zygote, die der Überdauerung dient, meist gekennzeichnet durch dicke, widerstandsfähige, oft auch dunkle Wand, gelegentlich mit Oberflächenstrukturen

[4] Suspensoren: Teil der Zygophoren nach Bildung der Gametangien, die unmittelbar an die Gametangien anschließen

SLDotzler N & Krings M (pers. Mitteilung)

Eingestellt am 15. März 2025

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