zum Glossar über:

Calcarea, Kalkschwämme
1 Separat von allen anderen
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Mit Kalkspicula[1],[2] nur, wie der Name schon sagt, stützen und schützen sie Körper,
Sechs arbeiten miteinander fürs Triaxon[7],
Gelegentlich formen sie Tetraxone[8],
Sieben Sclerocyten werkeln dafür.
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Weniger vielfältig erweisen sich Kalk-, als Silikat-Spicula;
Formen und Größen variieren zwar leicht,
Doch zeigen sie weniger deutlich Unterschiede in ihren Dimensionen;
So können Wissenschaftler einfachheitshalber sie als Scleren[9] nur seh’n,
Werfen sie alle zusammen in einen einzigen Größentopf.
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Unverbunden liegen die Spicula,
Gewinnen auf diese Weise offensichtlich kaum formstabile Gestalten,
Bleiben sie doch mit sieben Centimetern meistens recht klein.
Doch auch ihr Leucon-Typ[16] bleibt verglichen mit anderen Schwammklassen in der Größe zurück.
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Basale Kalkskelette füllen alte, verbrauchte Kammern;
Radiär, nicht parallel, ordnen sich dort Spicula an.
Rezente[17] Schwämme bilden weniger häufig kalkige Sockel
Als dies früher, in der Kreidezeit[18], war noch der Fall.
Weil manche Demospongiae[19] ebenfalls leblos gewordene Kalksockel bilden,
Deren Kalkspicula eher rundlich als nadelig sind,
Lässt sich darin konvergente[20] Entwicklung vermuten;
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Wie Demospongiae, weisen auch Calcarea neben
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Siebenhundert Arten nur umfassen Calcarea, die
Vorwiegend auf marines Seichtwasser gemäßigter und wärmerer Regionen beschränkt;
Die zwar mit Coeloblastula[28] beginnt,
Doch verwandtschaftsabhängig zwei Wege beschreiten:
Anschließend, von unterschiedlichen Stellen beginnend,
Füllen Zellen die Höhlung durch multipolare Ingression[31].
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Amphiblastulae[32 ]verwirklichen Einmaliges im Reich der Tiere:
Eine Schüssel, randlich mit deutlich größeren Zellen verseh’n,
Mit ins Schüsselinnere zeigenden Geißeln,
Stülpt einfach sich um,
Geißeln nach außen zu bringen;
Schließt sich mit en großen randlichen Zellen zur Blastula[33],
Die sich festsetzt und,
Wie die Calciblastula, Zellen ins Innere drängt.
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Zwei Unterklassen lassen auch hier sich definieren:
Der Calciblastulae basale Position des Kragengeißelzellkerns und
Dreistrahlig angelegte erste Spicula
Sind typische Merkmale der Calicínea[34];
Calcarónea[35] hingegen besitzen Amphiblastulae,
Zweistrahlige erste Spicula und der Kragengeißelzellkern liegt apikal.
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Eine weitere, absolute Besonderheit lässt sich bei Calcarea finden!
Problematisch scheint deswegen gezielte Fortbewegung.
Wie rätselhaft! Spermien werden von Trägerzellen zur Oocyte[38] geführt.
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Verlust der Beweglichkeit hätte sicherlich Verschwinden in der Geschichte bedeutet,
Doch, weil Transportzellen, zum Beispiel für Spicula, Porifera[39] in die Wiege gelegt,
Blieben jene Sippen erhalten, die nicht nur Spicula transportierten!
Ist dieser Sine-qua-non-Transport[40] vielleicht für der Calcarea vergleichsweisen Artenarmut der Grund?
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Fußnoten
[1] Kalk: Calciumcarbonat [CaCO3]
[2] Spicula: Nadelförmige Gebilde aus Spongin, Calciumcarbonat oder Siliciumdioxid
[3] Silikat: Mineral aus SiO2bestehend
[4] Extrazellulär: Außerhalb der Zelle
[5] Sclerocyten: Spicula bildende Zellen
[6] Monaxone, diactin: Monaxone weisen nur eine Spiegelbildebene auf, besitzen aber zwei Enden (diactin)
[7] Triaxone, triactin: Triaxone weisen drei Spiegelbildebenen auf, besitzen drei Enden (triactin)
[8] Tetraxone, tetractin: Tetraxone weisen vier Spiegelbildebenen auf und besitzen vier Enden (tetractin)
[9] Scleren: Spicula
[10] Megascleren: Scleren (Spicula) werden nach ihrer Größe eingeteilt, wobei keine klare und scharfe Größenklassifizierung vorgenommen werden kann. Megascleren streuen im Bereich von 0,1 – 1 mm (ausnahmsweise bis zu Dutzenden cm) Länge; Microscleren liegen im Bereich von 0,01 – 0,15 (0,3) mm.
[11] Microscleren: Scleren (Spicula) werden nach ihrer Größe eingeteilt, wobei keine klare und scharfe Größenklassifizierung vorgenommen werden kann. Microscleren liegen im Bereich von 0,01 – 0,15 (0,3) mm Länge; Megascleren streuen im Bereich von 0,1 – 1 mm (ausnahmsweise bis zu Dutzenden cm)
[12] Spongin: Spezielles, jodhaltiges Kollagen, das als Faserprotein die meisten Porifera stützt
[13] Mesohyl (Schwämme): Zwischen äußerem und innerem Pinacoderm (bzw. Choanocyten) liegt die schleimige Matrix der Schwämme mit Versteifungselementen und wandernden Zellen verschiedenster Art
[14] Ascon-Typ: Schlauchförmiger, dünnwandiger Schwamm mit zentralem Hohlraum und undifferenzierter Wandung mit nur einer zentralen Ausströmöffnung (Osculum). Außen liegt das Pinacoderm, innen befinden sich die Kragengeißelzellen.
[15] Sycon-Typ (Schwämme): Der Innenraum ist in kleinere Choanocytenkammern gegliedert, die einlagig entlang des zentralen Gangs zum Osculum hin stehen und senkrecht zur Außenbegrenzung orientiert sind; die Kammern können sichtbar nach außen gebeult sein, vielfach werden die Zwischenräume der Beulen aber von Wasserkammern gefüllt.
[16] Leucon-Typ: Verzweigt Zufuhrkanäle und ordnet unzählige Kammern traubig zu dreidimensionalen Komplexen, bekleidet abführende Kanäle, nicht nur den Innenraum, wie dies beim Sycon-Typ der Fall ist, mit Pinacocyten.
[17] Rezent: gegenwärtig lebend
[18] Kreide-Zeit: vor ca. 145 – 66 Millionen Jahren
[19] Demospongiae: Horn- und Kieselschwämme i.e.S. (Silicea s.s. – Porifera – Animalia – Opisthokonta – Eukarya)
[20] Konvergent: Entwicklung von ähnlichen Merkmalen bei miteinander nicht verwandten Arten, die im Lauf der Evolution durch Anpassung an eine ähnliche Funktion und ähnliche Umweltbedingungen ausgebildet wurden.
[21] Sippe: Unter Sippe wird eine oft nicht genauer genannte Verwandtschaft verstanden, im Gegensatz zu Gruppe, die lediglich eine Gruppe nicht näher verwandter Organismen bezeichnen will
[22] Aragonit: [Calciumcarbonat, CaCO3]; Mineral der wasserfreien Carbonate ohne fremde Anionen, kristallisiert im orthorhomischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca[CO3];https://www.chemie.de/lexikon/Calcit.html; nähere Erklärung sie dort
[23] Calcit, Kalkspat: [Calciumcarbonat, CaCO3]; Mineral der wasserfreien Carbonate ohne fremde Anionen, kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca[CO3];https://www.chemie.de/lexikon/Calcit.html; nähere Erklärung sie dort
[24] Ostioli: Kleine (maximal 20 µm im Durchmesser) zuführende Öffnungen ins Innere von Schwämmen; externe Ostioli führen von der Umgebung in den Schwamm hinein; interne von Kanälen ins Choanosom)
[25] Pinacocyten, Plattenzellen: Bei den meisten Schwämmen ist das Äußere und das interne Kanalsystem durch Plattenzellen (nicht durch Choanocyten) epithelartig begrenzt
[26 ]Vivipar: Lebendgebärend; bereits entwickelte Larven, oder (junge) Adulte verlassen das Mutterzoon
[27] Larven: Jugendstadien von Tieren, die sich grundsätzlich vom Erscheinungsbild Erwachsener unterscheiden und erst nach einer Metamorphose Adultgestalt annehmen
[28] Coeloblastula: Aus einer typischen, einzellschichtigen Blastula entsteht durch Zellteilung eine mehrzellschichtige Blastula, deren kleinere Tochterzellen, die zunächst vorhandene Schicht größerer umgeben; die größeren inneren Zellen finden sich anschließend in die Höhlung (ins Coelom) der Blastula gedrängt
[29] Calciblastula: Zunächst entsteht eine typische Blastula mit einschichtiger Wand, deren Zellen sich anschließend außen begeißeln; von verschiedenen Stellen ausgehend, gelangen unbegeißelte Zellen ins Innere der Hohlkugel, was zur Calciblastula führt
[30] Flagellum, Geißel (Eukaryageißel): Charakterisiert durch ihren internen Bau aus 9 peripheren, etwas schräg nach innen gestellten Doppelmikrotubuli (Querschnitt durch die Geißel) und einem zentralen Tubulipaar, das etwas Abstand voneinander hält. Dyneinarme verbinden die Mikrotubuli. Die Geißel ist von der Zellmembran umgeben und gefüllt mit Cytosol. Am Übergang der Geißelbasis in den Zellkörper treten spezielle Verstrebungen, Verstärkungen, auf; eine dünne Querplatte trennt oft den untersten, in die Zelle integrierten Teil, der in seiner Struktur einem Centriol entspricht: Es fehlen die beiden zentralen Mikrotubuli und die peripheren Zwillinge wurden zu Drillingen. Die in der Zelle gelegenen Teile der Geißel sind noch durch verwandtschaftsabhängig gestaltete Haltestrukturen verwurzelt.
[31] Multipolare Ingression: Einwanderung von Zellen in die Höhlung der Blastula von mehreren Stellen ausgehend
[32] Amphiblastula: Zunächst bildet sich eine Schüssel, deren Inneres Geißeln trägt, mit randlichen, unbegeißelten, deutlich größeren Zellen; sie stülpt sich um, so dass die Geißeln nun nach außen zeigen; randliche, große Zellen schließen die Schüssel zur Amphiblastula
[33] Blastula: Einzellschichtiges Hohlkugelstadium während der Ontogenese von Animalia
[34] Calcínea (Calcárea – Porífera – Animalia – Opisthokontha – Eukarya)
[35] Calcarónea (Calcárea – Porífera – Animalia – Opisthokontha – Eukarya)
[36] Spermatozoide, Spermatozoen, Spermien: Gameten, reife, haploide Keimzellen, die im Normalfall zu eigenständiger Bewegung fähig sind
[37] Mitochondrien: Gelten als Kraftwerke der Zellen, da sie Energie für die zellulären Prozesse liefern; es lassen sich Außen- und Innenmembran unterscheiden, wobei die innere Membran auf einen zellwandlos gewordenen Endosymbionten (ein Alpha-Proteobacterium) zurückgeht, während die äußere Membran der Plasmamembran der Zelle entspricht; prokaryotische Chromosomen weisen ebenfalls auf einen aufgenommenen prokaryotischen Endosymbionten als Ursprung der Mitochondrien hin.
[38] Oocyte: Eizelle
[39] Porifera: Schwämme (Animalia – Opisthokonta – Eukarya)
[40] Sine qua non: ohne geht nichts; unabdingbare Voraussetzung
Eingestellt am 23. November 2024
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Kalkspicula-Ontogenese der Calcarea (Tusche-/Bleistift-/Kreidezeichnung; Reinhard Agerer)
Bildung monaxoner Spicula (oben, von links nach rechts)
Eine Zelle (1. Bild) teilt ihren Kern (2. Bild), bleibt selbst aber ungeteilt, beginnt extrazellulär ein einachsiges Spiculum anzulegen (3. Bild); wird das Spiculum größer, teilt sich auch die Zelle (4. Bild); beide Zellen wandern dem schon gebildeten Abschnitt des Spiculums entlang, stellen so extrazellulär das Spiculum fertig.
Bildung triaxoner Spicula (unten, von links nach rechts)
Dazu wandern drei Zellen aufeinander zu (1. Bild), treffen sich (2. Bild), teilen sich mitotisch in sechs Zellen (3. Bild), beginnen miteinander ein dreiachsiges Spiculum anzulegen (4. Bild), das sie syncytial (mit einer sechskernigen Zelle) zu einem spitz ausgezogenen Dreieck formen (5. Bild); wird das Spiculum größer, wandern nun Zellindividuen den zu verlängernden Spitzen entlang, bis das Spiculum fertiggestellt ist (6. Bild).
Nach Westheide & Rieger (2013), Seite 92
Eingestellt am 23. November 2024
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Kalkspicula der Calcarea, Auswahl (Tuschezeichnung, Reinhard Agerer)
Dargestellt sind monaxone, triaxone und tetraxone Spicula verschiedener Größen und Formen.
Nach Westheide & Rieger (2013), Seite 92
Eingestellt am 23. November 2024
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Blastula- und Larventypen der Calcarea (Tusche-/Kreidezeichnung; Reinhard Agerer)
Calciblastula der Calcinea (oben): Eine typische, aus unbegeißelten Zellen bestehende Blastula begeißelt die Zellen (wenige dazwischenliegende Zellen bleiben geißellos) und wird zur Calciblastula, indem unbegeißelte Zellen unterschiedlichen Typs in die Höhlung einzuwandern beginnen.
Amphiblastula der Calcaronea (unten): Zunächst bildet sich eine Schüssel, deren Inneres Geißeln trägt, mit randlichen, unbegeißelten, deutlich größeren Zellen; sie stülpt sich um, so dass die Geißeln nun nach außen zeigen; randliche, große Zellen schließen die Schüssel zur Amphiblastula
Nach Westheide & Rieger (2013), Seite 95, Abb. 150
Eingestellt am 23. November 2024
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Leucetta primigenia, Calcinea
Krugförmiger Schwamm mit großer Mündung; im Innern der Krugwand sind viele Oscula zu sehen; die verschwindend kleinen Ostioli der Außenseite sind nicht erkennbar
Autor: Bernard Dupont
Lizensiert unter: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/deed.en; unverändert
Eingestellt am 23. November 2024
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Endpunkt erreicht
