zum Glossar über:

Enterobacteriaceae, Escherichia

1 Aufregung in Bienenbüttel (AP)

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Halb Deutschland erschreckte blutiger Durchfall und Nierenversagen,

Denn mehr als fünfzig Personen starben daran!

Doch woher kam der Erreger, der als EHEC[1] entlarvt?

Wo war nur das Zentrum der Epidemie?

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Gemüse, in Norddeutschland Endverbrauchern verkauft,

Stand bald auf der Liste.

Auf Gurken[2] aus Spanien fiel schnell der Verdacht.

Warnung vor dem Verzehr brachten der spanischen Firma fast den Ruin,

Doch Vermutungen nur wurden verkündet,

Verbreiteten sich nach dem Schneeballprinzip.

Fehlanzeige kam dann aber viel zu spät.

Der Irrtum galt lang als hinzunehmender Fakt[3].

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Sprossen[4], gezogen in Bienenbüttel, kamen am Schluss ins Visier,

Denn viele Erkrankte verspeisten

Getriebene Samen aus dieser Stadt.

Verseucht jedoch waren ein paar nur davon.

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Alles ging ordnungsgemäß zu im Grünzeuganzuchtbetrieb:

Sprühwasser, Wannen und Werkzeuge zeigten keinen Befund.

Bockshornklee[5], Trigonella-caerulea-Samen, aus Ägypten gesandt,

Trugen EHEC-Bakterien auf der Haut[6] jedoch.

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Einen Teil der Fälle nur erklärten Bockshornkleesprossen.

Woher EHEC sonst noch kam, blieb ungewiss,

Obwohl den Behörden nicht unbekannt,

Dass Vieh oft Träger dieser Bakterien ist.  

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Fußnoten             

[1] EHEC, sprich ehec:EnterohämorrhagischeEscherichiacoli

[2] Gurken: Cucumis sativus (Cucurbitaceae – Cucurbitales – ZyFaRoFaCu-Verwandtschaft – Rosanae – Rosidae - …)

[3] Fakt, Faktum: Tatsache

[4] Sprossen: Samen werden unter feuchten Bedingungen zum Keimen gebracht, wenn groß genug, zusammen mit Samen geerntet und verzehrt

[5] Bockshorn-Klee: Trigonella caerulea (Faboideae – Fabaceae – Fabales – ZyFaRoFaCu-Verwandtschaft – Rosanae – …)

[6] Samenschale

Eingestellt am 6. April 2024

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Enterobacteriaceae, Escherichia

2 Gülle (AP)

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Stickstoff, durch Ernten entzogen,

Bahnt oft Mangel an Nährstoffen an

Für Feldfrüchte, Kohlköpfe und auch Salat.

Organisch gedüngt, falls Gülle versprüht, bringt kostengünstig Ersatz.

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Escherichia coli[1] O157H7[2] gelangt aus dem Dunkel des Darms

Zu harmlosen Artgenossen des Bodens dabei;

Schätzt aber, auch wenn mit Blättern sie in die Höh‘ wird gehoben,

Die neue Umgebung nicht.

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Veruneinigtes Gießwasser nimmt sie gern als Vehikel,

Magerernährung dort zu entkommen,

Hin zu unerschöpflichen Quellen,

Nachdem der Mensch Colis[3] Träger, erntereif nun, genoss.

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Säureresistent wie Helicobacter[4],

Passiert unversehrt sie den Magen,

Lässt sich, peristaltisch[5] getrieben, transportieren

Bis an die Darmwand heran.

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Bringt biologische Waffen in Stellung:

Ergreift, Shiga-Toxin[6] sezernierend, unverzüglich die Initiative!

Setzt, aus fünf gleichen Teilen, einem sechsten, separaten, gebaut,

Das Angriffsmittel zweiphasig ein:

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Das Fünfergespann verhilft,

Abwehr der Zellen entscheidend zermürbend,

Seinem Giftstück ins Herz des feinabgestimmten Betriebs,

Zum Proteinsynthesemodul.

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Ergiebig und dauerhaft produzieren EHEC[7]-Bakterien

Ihr ribosomendeaktivierend[8] wirkendes Gift,

Denn schon durch eines einzigen Adenins[9] Spaltung zerstören sie

Der Ribosomen Hilfe im Zuge der Translation[10].

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Shiga-Toxine überfluten,

Von darmwandumgebenden Blutkapillaren weit verbreitet,

Umfassend den Körper,

Konzentrieren meist sich aber auf der Nieren Epithel[11].

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Epithelzellen schädigend, verlocken Shiga-Toxine

Fibrine[12], wie Thrombocyten[13], Gerinnsel in Blutkapillaren zu bilden,

Behindern so des abfallbeladenen Bluts Filtration,

Die Entsorgung belastender Stoffe.

So ruft es manchmal tödlich verlaufendes HUS[14] hervor,

Das hämolytisch-urämische Krankheitssyndrom.

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Das alternative Bild,

Thrombotisch-thrombozytopenisches Purpura Syndrom[15], TPP,

Fleckt die Haut mit rötlichen Punkten,

Schädigt, recht selten jedoch, auch das Gehirn.

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Fußnoten             

[1] Escherichia coli: (Enterobacteriaceae – Gamma-Proteobacteria – Gramnegative – Bacteria); Gehört zum normalen Mikrobiom des menschlichen Darms; einige Stämme aber können Durchfallkrankheiten verursachen

[2] Stammbezeichnung. Bezeichnung eines Isolats)

[3] Escherichia coli

[4] Helicobacter pylori: Erreger von Magengeschwüren, gelegentlich von Magenkrebs

[5] Peristaltik: Fortschreitende, wellenförmige Bewegung des Darms, um den Nahrungsbrei voranzudrücken

[6] Shiga-, Shigella-Toxine: Cytotoxische, bakterielle Exotoxine, die als Translationshemmer wirken

[7] EHEC (sprich ehek):EnterohämorrhagischeEscherichiacoli

[8] Ribosom: Organell aus ribosomaler RNA und Proteinen. Es dient zur Translation der mRNA-Informationen in Proteine. Meist sind mehrere Ribosomen über die mRNA kettenartig verbunden, um zugleich mehrere Ablesevorgänge hintereinander ablaufen lassen zu können

[9] rRNA: ribosomale RNA, verknäuelt sich unter Beteiligung von Proteinen zu Ribosomen

[10] Translation: Synthese von Proteinen in den Zellen lebender Organismen, die nach Vorgabe der Basensequenzen der rRNA an den Ribosomen abläuft (Abbildung unter „Grundlegendes, 8 Kaskaden“)

[11] Epithel: Ein- oder mehrlagige Zellschichten, die alle inneren und äußeren Körperoberflächen von Echten Tieren (Animalia) bedecken

[12] Fibrine: Nicht in Wasser lösliche Blutproteine; der Fibrinbelag hilft dem Wundverschluss

[13] Thrombocyten: Für Blutgerinnung zuständige, zirkulierende Zellfragmente

[14] HUS,Hämolytisch-urämischesSyndrom: „Hämolytisch“ heißt, rote Blutkörperchen werden abgebaut, „urämisch“, die Nierenverletzung verursacht Ansammlung von Harnstoff im Blut.

[15] TPP,Thrombotisch-thrombozytopenischesPurpura Syndrom: Thrombotisch“ bedeutet, Blutgerinnsel entstehen und „thrombozytopenisch“, die Blutplättchenzahl ist gering, „Purpura“ weist auf purpurfarbene Stellen hin oder auf Blutergüsse der Haut hin.

Eingestellt am 6. April 2024  

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Enterobacteriaceae, Escherichia

3 Unterschoben (AP)

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Escherichia coli[1], ein Generalist,

Lebt als Verdauungshelfer, als Vitamin K[2] Lieferant

Nicht nur im Darm. Auch im Süßwasser, im Meer und im Boden

Fühlt es sich wohl.

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Ideal für Phagen[3]:

Wenn spezialisiert auf E. coli,

Finden sie Wirte und Nahrung

Fast überall.

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Phagen übergaben E. coli Sequenzen des Shiga-Toxins.

Es Integrierte sie ins Ringchromosom,

Doch das O157[4] Lipopolysaccharid[5]-Antigen[6],

Und H7, ein spezielles Flagellenprotein[7], codiert es immer schon selbst.

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Woher nahm wohl der Phage die heimtückische Information?

Vielleicht von Shigella[8], ausstaffiert mit gleichem Toxin,

Oder brachte der Phage beiden die Rezeptur?

Doch fragt sich, woher und warum?

Was könnte für sich damit er tun,

Wenn er sein Leben ausschließlich auf das von E. coli baut?

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Fußnoten 

[1] Escherichia coli: (Enterobacteriaceae – Gamma-Proteobacteria – Gramnegative – Bacteria); gehört zum normalen Mikrobiom des menschlichen Darms; einige Stämme aber können Durchfallkrankheiten verursachen

[2] Vitamin K: Stärkt Knochen und schützt vor Blutungen. Der Körper muss es über die Nahrung aufnehmen, weil er es nicht selbst produzieren kann.

[3] Phagen: Ausschließlich Bakterien (und Archäen) infizierende Viren

[4] O157H7: Stammbezeichnung, Isolatbezeichnung

[5] Lipopolysaccharide: Fett-Zucker-Moleküle

[6] Antigene: Oberflächen (Glyco)Proteine, generell molekulare Strukturen von Pathogenen, die von Immunzellen Befallener als fremd erkannt werden und daraufhin Antikörper dagegen entwickeln

[7] Flagellin: Globuläres Protein, das sich zu vielen selbst zu einem Hohlzylinder anordnet und im westlichen das Flagellum der Prokaryoten (Bakterien und Archäen) bildet

[8] Shigella: Löst Durchfallerkrankungen aus (Enterobacteriaceae – Gamma-Proteobacteria – Gramnegative – Bacteria)

Eingestellt am 6. April 2024

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Enterobacteriacea, Escherichia

4 Zerteilt und verteilt (AP)

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Symptomlos lebt EHEC[1], in Därmen von Rindern,

Verlassen zu Millionen der Zuflucht Ort.

Bleiben jedoch beim gewaltsamen Ende ihres Ernährers,

Im Kadaver ohne Verbreitung zurück.

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Gehäutet, in der Mitte zerteilt, zerlegt,

Innereien entnommen,

Werden unbeabsichtigt bisweilen EHEC-Bakterien

An diverse Fleischstücke geklebt.

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Minimale Anzahl von Zellen,

Den menschlichen Magen passierend,

Zehn bis hundert oft nur,

Reichen für folgenschwere Kontamination.

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Stück für Stück frikassiert,

Als Hamburger oder als Hackbraten serviert,

Erzwingt Braten bei hundertundsechzig Grad,

Denn nur diese Temperatur bringt Erregern den sicheren Tod

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Fußnote                             

[1] EHEC (sprich ehek):EnterohämorrhagischeEscherichiacoli

Eingestellt am 6. April 2024

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Enterobacteriaceae, Salmonellen

5 Wuschel (AP)

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Rundherum mit Flagellen[1]besetzt,

Nach hinten zum Bündel gepackt,

Eilt Samonella[2], wie Schwester Escherichia[3],

Von der sie lang schon getrennt,

Immer auf Suche nach besserer Nahrung

Rastlos dahin.

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Breiig durchflutet, wellendurchwalkt nach abwärts getrieben,

Erreicht Salmonella kurz vor dem Ausgang

– Mit Hilfe sondierender Zellen des Darms –

Gerade zur rechten Zeit noch festen Halt an der Wand.

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Den Plan der Zelle, sie einzusacken, sie zu verdauen,

Durchkreuzt, Proteine[4] der Zelle injizierend, Salmonella geschickt.

Nimmt selbst das Heft in die Hand,

Entfaltet raffiniert den eigenen Plan.

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Längst wirken die Boten genau nach System,

Bestimmen der Zelle Actinbündel[5] Ziele vollkommen neu,

Senden koordiniert sie gegen die Peripherie,

Salmonella in Falten der Außenmembranen[6] zu hüllen.

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Nicht nach der Zelle Willen,

Nach eig‘nem Gutdünken,

Dringt Salmonella membranumgeben[7] nun vor:

Umschifft so der Abwehr schützende Front.

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Auch das zweite Bollwerk der Abwehr umgeht sie geschickt,

Denn, einen weiteren Kampfstoff verteilend,

Verhindert sie den Abtransport.

Lässt das Lysosom[8] unverrichteter Dinge vor der Tür.

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Das letzte Mittel, den Selbstmord[9] der umgebenden Zelle,

Um andere vor ihr zu schützen, verhindert Salmonella ebenso.

Veranlasst Bildung und Austritt von Cytokinen[10],

Lockt so Makrophagen[11] als weitere nichtsahnende Opfer heran.

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Unterm Epithel[12] erst, in der Lamina propria[13],

In der Schicht aus Drüsen, glatter Muskulatur, Gefäßen für Lymphe[14] und Blut,

Bewirkt Salmonella starke Entzündungsreaktionen

Mit Bauchkrämpfen, Durchfall und hohem Elektrolytverlust[15].

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Fußnoten                 

[1] Flagellum, Geißel (Bakteriengeißel): Aus vielen globulären Flagellinproteinen zusammengesetzte Hohlröhre

[2] Salmonella enterica in verschiedenen Subspezies und Varietäten: Erreger von Salmonellose, Paratyphus und Typhus

[3] Escherichia coli: Gehört zum normalen Mikrobiom des menschlichen Darms; einige Stämme aber können Durchfallkrankheiten verursachen

[4] Proteine: Aus Aminosäuren aufgebaute, komplexe Moleküle. Die [–NH2]-Gruppe einer Aminosäure wird mit der Hydroxylgruppe [–OH] der Säurefunktion [–COOH] unter Wasserabspaltung verknüpft, dabei entsteht eine charakteristische Abfolge von Atomen: [–C–N–C–C–N–]n, wobei das unmittelbar dem [N] benachbarte [C] einen doppelbindigen Sauerstoff [–C=O] trägt

[5] Actin,Fädiges Actin: Actin ist ein häufiger Bestandteil des Cytoskeletts und kommt besonders in Muskelzellen vor; zu Fäden polymerisiert (F-Actin), dient es der Stabilisierung der äußeren Zellform sowie der Ausbildung von Zellfortsätzen, intrazellulären Verlagerungen und gerichteten intrazellulären Bewegungen.

[6] Äußere Lipiddoppelmembran: eine zusätzlich Lipiddoppelmembran, die gramnegative Bakterien umgibt, die aber Grampositiven fehlt

[7] Endosom: Mikrobenumschließendes Vesikel, entstanden aus einer Zellmembraneinstülpung

[8] Lysosomen: Von einer Membran umschlossene kugelförmige Zellorganellen von Eukaryonten; enthalten hydrolytische Enzyme und Phosphatasen, mit denen sie Fremdstoffe oder körpereigene Stoffe abbauen.

[9] Apoptose: Programmierter Zelltod

[10] Cytokine: Weisen multiple Wirkung auf Wachstum und Entwicklung von Pflanzen auf (finden sich aber auch in anderen Organismen), sind als Phytohormone in jeder Pflanzenzelle vertreten. Das Kinetin, z. B. fördert die Zellteilung.

[11] Makrophagen: Fresszellen; weiße Blutkörperchen, die sich aus Monocyten bildeten

[12] Epithel: Ein- oder mehrlagige Zellschichten, die alle inneren und äußeren Körperoberflächen von Echten Tieren (Animalia) bedecken

[13] Lamina propria: Dünne, subepitheliale Bindegewebsschicht in Hohlorganen, die sich direkt unterhalb der Basalmembran des auskleidenden Epithels befindet.

[14] Lymphgefäße: Gefäße mit letztlich dreischichtigem Wandaufbau und passiven Klappen, die ein Rückfließen der Lymphe verhindern; Muskelzellen können die Flüssigkeit vorwärtsdrücken.

[15] Elektrolyte: Wichtige in Flüssigkeit gelöste Mineralien des Körpers; gehen bei Durchfallerkrankungen oft in erheblichem Maße verloren

Eingestellt am 6. April 2024

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Enterobacteriaceae, Salmonellen

6 Kontamination (AP)

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Mit Doppelstrategie

Versucht der Körper sich von Salmonellen zu trennen:

Als Primärmanöver jagt der Darm mit Diarrhoe[1],

Falls ausreichend Nachschub gegeben,

Im wässrig-eruptiven Strome,

Die restlichen Zellen aus dem Colon[2].

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Makrophagen[3] besiegen,

Auf Salmonellas[4] Überrumpelungscoup bald reagierend,

Doch noch entscheidend der Invasoren Gewalt,

Bis sich der Patient, meist ohne Komplikation, langsam erholt.

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Freigesetzt, legen Salmonellen sich fest an die Haut,

Erhöhen der Mikroben Diversität[5],

Hoffen auf Bleiberecht,

Mit Chancen auf Propagation.

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Hygiene wäscht sie komplett vom Ort,

Doch sie lässt des Pathogens Hoffnung besteh‘n,

Sich mit Reserven begnügend,

In die Offensive zu geh‘n.

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Hände übertragen Salmonellen auf Lebensmittel verschiedener Art,

Sowie auf Futter von Hühnern und Vieh.

So werden Fleisch und Eier oft kontaminiert,

Was zu Neuinfektionen möglicherweise führt.

Werden Nahrungsmittel nicht ausreichend gekocht und erhitzt,

Ist Salmonella Gewinner gewiss.

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Eier, nicht vollkommen gegarte Hühnerfilets,

Ein salmonellenerkrankter Helfer in der Fabrik,

Verbreiten Salmonellen in Nu,

Wie in USA war es mit Crackern einmal der Fall.

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Erdnussbutter, salmonellenbeladen,

Einer einzigen Produktion

Verseuchte mehr als siebenhundert Personen,

Bis ein Gesundheitsdienst die Salmonellenquelle letztendlich fand.

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Wer hat nicht schon enttäuscht,

Weiche Eier erwartend am Frühstücksbüffet,

Ein dotterhartes Stück geköpft?

Salmonellen waren dafür der Grund.

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Fußnoten

[1] Diarrhoe: Durchfall

[2] Colon: Hauptteil des Dickdarms

[3] Makrophagen: Fresszellen; weiße Blutkörperchen, die sich aus Monocyten bildeten

[4] Salmonella enterica in verschiedenen Subspezies und Varietäten: (Enterobacteriaceae – Gamma-Proteobacteria – Gramnegative – Bacteria); Erreger von Salmonellose, Paratyphus und Typhus

[5] Diversität: Artenvielfalt

Eingestellt am 6. April 2024

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