zum Glossar über:

Quorum Sensing

1 Angriff verpufft?

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Als Einzelkämpfer verloren schon oft

Bakterien beim Angriff ihr Leben.

Denn leicht fällt es Gegnern, Okkupatoren zu stoppen,

Zur Not mit Hilfe Apoptoses[1] einzelner Zellen,

Auch durch schnellen Verdau

Noch bevor des Aggressors Arsenal aktiviert.

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Doch größere Heere, mit Fluten bereitwilliger Kämpfer,

Überrumpeln gar ausgebaute Verteidigungslinien

Auf Kosten unglaublicher eigener Opfer zwar,

Der Erfolg aber rechtfertigt häufig jeden Verlust.

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Wer koordiniert die Aktionen der Krieger,

Gibt den Befehl, wenn ihr Heer bereit?

Kein General steht der Kampftruppe vor,

Denn von selbst organisiert sich ihre Armee.

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Jeder Soldat verteilt das gleiche Signal,

Beteiligt sich am Verstärken der Information,

Bis alle synchronisiert und

Wie auf Kommando stürmen dann los.

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Wie bringen Tausende Invasoren dieses zu Wege?

Was ist ihr geheimes Konzept?

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Fußnote               

[1] Apoptose: Programmierter Zelltod

Eingestellt am 6. April 2024

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Quorum Sensing

2 Signalschwemme

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Nur Wenige sammeln sich

Am vielversprechenden Ort.

Lauernd erhoffen sie zeitnah Verstärkung,

Senden zögernd Signale,

Empfangen kaum eine Antwort jedoch.

Nur eigene Zeichen verbleiben unverstärkt in der Näh‘.

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Optimal ist aber die Lage,

Denn, von Wasserfilmen umgeben,

Schwimmen Acyl-Homoserin-Lactone[1]

– Kleine Signalmoleküle –

Unbehindert nach allen Richtungen hin.

Von anderen Sendern verströmt,

Erhalten sie Nachricht über

Größe und Dichte der Population.

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Je höher der Zellen Zahl,

So der Moleküle Konzentration,

So gesinnter die Zellen für eigne Synthesen;

Erhöhen so lange den Level der Angriffssignale,

Bis sie das nötige Quorum ihrer Art Zahl

Dadurch feinsinnig erspür‘n.

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Gemeinsam erfolgt nun der Angriff!

Mit Ausschütten Mengen Toxins:

Durchbrechen so jegliche Abwehr mit

Konzertierter Aktion.

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Fußnote            

[1] Acyl-Homoserin-Lactone (Siehe Abbildung)

Eingestellt am 6. April 2024

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Signalmoleküle (ppt generiert, Reinhard Agerer)

Grundstruktur der N-Acyl-homoserin-Lactone (links);  Homoserin (rechts). – Kohlenstoff: grau;  Sauerstoff: rot; Stickstoff: blau; Wasserstoff: violett;  einfache Bindung: dünne Linie; R: Reste; unterschiedliche Moleküle als Seitenfunktionen. (Nach verschiedenen Quellen)

Eingestellt am 6. April 2024

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Quorum Sensing

3 Der Mechanismus

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Vom Genkomplex Lux[1]

Bleibt eine Region nur dauernd aktiv,

– Jene, zuständig für der Acyl-Homoserinlacton[2]-Synthase[3] Codierung –

Als Wahrer der Signalmolekül-Grundkonzentration.

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Immer mehr Signalmoleküle umschwirren die Sender,

Wenn viel- und dichtzellig die Population und

Kehren, wenn eine nötige Schwellenkonzentration ist erreicht,

In die Zelle zurück.

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Binden dann in Mengen ans

Regulatorische Protein[4],

Das, stukturverändert nun, des Gens

Transkription[5] final aktiviert.

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Aller Zellen Enzymverbünde, gleichzeitig synthetisiert,

Produzieren Unmengen

Für konzertierte Aktion benötigte Stoffe,

Womit das Heer der Zellen entscheidenden Vorteil gewinnt. –

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Fußnoten

[1] Lux: Bezeichnung eines entscheidenden Genkomplexes

[2] Acyl-Homoserinlacton (s. Abbildung)

[3] Synthasen: Enzyme mit synthetischem, aufbauendem Charakter

[4] Regulatorisches Protein: Steuert einen biochemischen Prozess

[5] Transkription: Umschreiben der DNA in RNA (Abbildung unter „Grundlegendes, 7 Die Zelle lebt“)

Eingestellt am 6. April 2024

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Quorum Sensing

4 Aha!

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Biofilme[1], durch Signalmoleküle zusammengehalten,

Damit als Gemeinschaft synchronisiert für die Erkundung ihrer Umgebung,

Leisten stärkeren Widerstand gegen Antibiotika[2] mancher Mikroben,

Halten mit Quorum Sensing[3] unangefochten die Stellung.

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Auch Pathogene[4], wie Pseudomonas aeruginosa[5],

Verströmen Acyl-Homoserinlacton[6] gegen polymorphkernige Leucocyten[7],

Verhindern damit der Fresszellen[8] Aktivität

Zum Nachteil angegriff‘ner Patienten.

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Extrakte aus Knoblauch[9] verringern der Bakterien Schutz durch Quorum Sensing,

Interagieren vermutlich mit deren Signalmolekül,

Ermöglichen Leucocyten[10] folglich

Zerstörend in die Gemeinschaft zu dringen.

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Bestätigt scheint damit vieler Leute Erfahrung:

Mit Knoblauch bleibst du gesund.

Des Öftern ein Süppchen davon genossen,

Hält manche Bakterien offenbar fern.

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Fußnoten

[1] Biofilme: Dünne, meist geschlossene Schichten aus verschiedenen Mikroorganismen

[2] Antibiotikum: Ein natürlich gebildetes, oft chemisch modifiziertes, niedermolekulares Stoffwechselprodukt, von Pilzen oder Bakterien, das schon in geringer Konzentration das Wachstum anderer Mikroorganismen hemmt oder diese gar tötet

[3 ]Quorum Sensing: Fähigkeit von Einzellern, die Zelldichte der Population über chemische Kommunikation zu ermitteln; dadurch werden Prozesse, wie für die Biofilmbildung oder Sekretion von Pathogenitätsfaktoren, gesteuert, wobei bestimmte Signalmoleküle dafür verwendet werden. Diese Signale werden auch genutzt, die Genexpression in Gemeinschaft zu steuern. Solche Bakterien besitzen sowohl die Möglichkeit, diese Signalstoffe zu bilden als auch zu empfangen und ihre Konzentration zu bestimmen; können damit optimal angepasste Gemeinschaften bilden. Dieses Phänomen ist nicht auf Bakterien beschränkt.

[4] Pathogen: Krankheit hervorrufender Organismus; Begriff meist verwendet für Viren, Bakterien und Pilze; bei größeren Organismen spricht man eher von Parasiten

[5] Pseudomonas aeruginosa: Verursacher von Lungenentzündung (nicht behandelt; Gamma-Proteobacteria)

[6] Acyl-Homoserinlacton (Abbildung unter “Quorum Sensing, 2 Signalschwemme“)

[7] Polymorphkernige Leucocyten, Neutrophile Granulocyten: Spezialisierte Immunzellen der Wirbeltiere. Beim Menschen sind sie mit einem Anteil von 50–65 % die häufigsten weißen Blutkörperchen

[8] Fresszellen: Weiße Blutkörperchen. Sie dienen der Beseitigung von Mikroorganismen durch Phagocytose und stellen stammesgeschichtlich die vermutlich ältesten Teile der angeborenen Immunabwehr dar. Können zu Makrophagen fusionieren und mehrkernige Riesenzellen bilden, um größere Fremdkörper durch Phagozytose zu umschließen und zu verdauen.

[9] Knoblauch: Allium sativum (Alliaceae – Asparagales – Lilianae – Liliidae – Dicotyle s.l. – …)

[10] Leucocyten: Weiße Blutkörperchen

Eingestellt am 6. April 2024

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Quorum Sensing

5 Vibrio fisheri (TP)

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Endlich gelandet!

Auf einem verträglichen Tier noch dazu!

Doch wo ist die Bleibe,

Die wohlversorgtes Leben verspricht? –

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Hegend umsorgt von nährenden Zellen,

Finden sie Platz in eng umschlossener Grube.

Mit allem umgeben, was ihnen lieb,

Bevölkern sie prall das

Eingesenkte, hüllende Säckchen,

Bis das Quorum[1], die nötige Zahl der Zellen, endlich erfüllt.

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Acyl-Homoserinlacton[2]

Nimmt seinen Weg zurück in die Zellen,

Greift sich ein Hilfsprotein zum Partner,

Aktivieren gemeinsam das Operon[3],

Um am Ende sich[4],

Plasmalemmanah[5] mit Luciferase[6] zu füllen.

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Reduziertes Flavinmononucleotid[7] als Energielieferant verwendend,

Katalysiert Luciferase, Sauerstoff nutzend,

Oxidation langkettiger Aldehyde[8]

Unter Emission blaugrünen Lichts[9].

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Quorum Sensing garantiert kostengünstig entstandenes Licht,

Ohne Verschwendung knapper Ressourcen,

Denn einzelne Zellen allein,

Verschleuderten nutzlos Energie.

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Biolumineszenz[10] von Vibrionen nutzen nicht wenige Tiere des Meeres,

Beute zu locken, den Feind zu verwirren,

Partnern Bereitschaft zu signalisieren.

Jedoch fällt manchmal die Begründung des Nutzens recht schwer.

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Was verspricht sich der kleine Kalmar[11]

Vom Leuchtorgan mitten in seinem Bauch?

Einen Stern am Nachthimmel zu imitieren,

Um Räuber zu täuschen,

Womöglich nicht.

Vielleicht liegt doch der Vorteil bei Vibrio.

Ein Leuchtkalmar als Opfer,

Bedeutet doch Vibrios Propagation[12].

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Fußnoten

[1] Quorum Sensing: Fähigkeit von Einzellern, die Zelldichte der Population über chemische Kommunikation zu ermitteln; dadurch werden Prozesse, wie für die Biofilmbildung oder Sekretion von Pathogenitätsfaktoren, gesteuert, wobei bestimmte Signalmoleküle dafür verwendet werden. Diese Signale werden auch genutzt, die Genexpression in Gemeinschaft zu steuern. Solche Bakterien besitzen sowohl die Möglichkeit, diese Signalstoffe zu bilden als auch zu empfangen und ihre Konzentration zu bestimmen; können damit optimal angepasste Gemeinschaften bilden. Dieses Phänomen ist nicht auf Bakterien beschränkt.

[2] Acyl-Homoserinlacton (Abbildung unter “Quorum Sensing, 2 Signalschwemme“)

[3] Operon: Funktionseinheit auf der DNA von Prokaryoten, gelegentlich auch von Eukaryoten, bestehend aus Promotor, Operator und Genen, die ein oder mehrere Proteine codieren

[4] Vibrio fisheri (heute Aliivibrio fisheri): Leuchtbakterium (Vibrionaceae – Gamma-Proteobacteria – Gramnegative – Bacteria)

[5] Plasmalemma: Zellmembran (Lipiddoppelmembran) von Organismen mit starrer Zellwand; wird oft als Gegenstück zum Tonoplasten betrachtet, der im Zellinneren eine größere Saftvakuole umgibt; für Bakterien kein gebräuchlicher Begriff

[6] Luciferase: unterschiedliche Enzyme, die durch katalytische Aktivität Luciferine mit Sauerstoff zu energiereichen Substanzen beladen, deren Zerfall in Biolumineszenz resultiert

[7] Reduziertes Flavinmononucleotid, FMNH2

[8] Aldehyd: Molekül mit Aldehydgruppe: [–CHO]

[9] Oxidiertes Flavinmononucleotid, FMN

[10] Biolumineszenz: Emission kalten, sichtbaren Lichts eines Lebewesens

[11] Leuchtkalmar: Watasenia scintillans (Decapoda – Coleoida s.s. – Coleoida s.l. – Angusteradulata – Cephalopoda – …)

[12] Propagation: Ausbreitung

Eingestellt am 6. April 2024

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Biolumineszenz von Bakterien (ppt generiert, Reinhard Agerer)

Luciferin der Bakterien, FMNH2,Falvinmononucleotid in reduzierter Form (links), wird durch das Enzym Luciferase (ockerfarbene Ellipse) mit Sauerstoff und einem langkettigen Aldehyd unter Lichtentwicklung zu FMN, Flavinmononucleotid in oxidierter Form (rechts), gewandelt, wobei aus dem Aldehyd eine Säure entsteht und sich Wasser bildet.

Kohlenstoff: grau; Sauerstoff: rot; Stickstoff: blau; Wasserstoff: violett; einfache Bindung: dünne Linie; Doppelbindung: dicke Linie; R: Rest des Moleküls. Nach Slonczewski & Foster (2011)

Eingestellt am 6. April 2024

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Endpunkt erreicht