zum Glossar über:

Papillomaviridae: Gärmutterwarzenviren

1 Epithelspezialisten (AP)

.

Capsidproteine[1],[2] mit spezifischen Andockfaktoren dringen,

Nachdem sie des Wirts Plasmalemma[3] als passend erkannt, in die Wirtszelle ein,

Zerlegen danach sich, ihr Ringchromosom ins Cytoplasma[4] freisetzend;

Es findet, kernporenpassierend[5], ins Bauplanzentrum, damit den entscheidenden Weg,

Lässt sich durch wirtseigne DNA-Polymerasen[6] replizieren,

Spornt, mehr davon zu bilden, den Wirt durch ausgeklügelte Weisen noch an.

.

Verlässt sich auf des Wirts RNA-Polymerasen[7], um mRNA[8] zu erhalten.

Woraufhin die Wirtszelle früh schon sein Schicksalsprotein translatiert.

Emotionslos nennen Experten es E7.

Es bindet an ein zelluläres Protein, dies gezielt zu markieren,

Damit zelleignen Proteasen[9] zum Opfer es fällt.

.

So werden zwei Proteine, verantwortlich für ständige Zellteilung,

Immer wieder und immer weiter in den befallenen Zellen synthetisiert;

Damit bleiben permanent sie teilungsaktiv;

Differenzierung und Zelltod treten nicht ein.

.

Folglich stehen auch DNA- und RNA-Polymerasen

Papillomaviren für Vermehrung in großer Menge bereit,

Können in immer jungfräulich bleibenden Zellen sich ständig vermehren.

Aus solchen Zellhäufchen entstehen oft Warzen, was den Wirt zumindest nicht ziert.

.

Noch aber wartet das Virus auf einige Schritte

Bis es vermehrt die Zelle verlässt:

Seine mRNA schlüpfte zwar durch des Zellkerns Poren,

Erhielt im Cytoplasma zur Verfügung E7 gestellt,

Doch harren dort späte Proteine noch auf Synthese,

Damit jedes Ringchromosom in ein Capsid zum Transport sich hüllt.

.

Des Virus Ringe brauchen dazu Ikosaeders[10] Einzelteile.

Diese wandern, Poren nützend, in der Befallenen Zelle Kern,

Bauen zur Hülle dort sich zusammen,

Für jedes Ringchromosom als widerstandsfähigen Schutz.

.

Beengt scheint der Raum in des Chromosoms Kammer,

Verdrillt doch der Ring sich, wickelt Histonen[11] sich auf,

Ähnlich wie der Eukarya[12] DNAfäden Schleifen,

So wie der Echtzellkerner sie kennt. –

.

Schleimschichten, Epithelzellen[13] erneuern sich ständig,

Werden abgestoßen, nachdem die Oberfläche erreicht,

.

Entlassen zuhauf entstandene Viren.

Worauf sie wohl warten? Auf Hautkontakt!

.

Fußnoten

[1] Capsid: Komplexe, regelmäßige Struktur von Viren aus Proteinen, die der Verpackung des Virusgenoms dient.

[2] Proteine: Aus Aminosäuren aufgebaute, komplexe Moleküle. Die [–NH2]-Gruppe einer Aminosäure wird mit der Hydroxylgruppe [–OH] der Säurefunktion [–COOH] unter Wasserabspaltung verknüpft, dabei entsteht eine charakteristische Abfolge von Atomen: [–C–N–C–C–N–]n, wobei das unmittelbar dem [N] benachbarte [C] einen doppelbindigen Sauerstoff [–C=O] trägt

[3] Plasmalemma: Zellmembran (Lipiddoppelmembran) von Organismen mit starrer Zellwand; wird oft als Gegenstück zum Tonoplasten betrachtet, der im Zellinneren eine größere Saftvakuole umgibt

[4] Cytoplasma: Flüssiger Zellinhalt mit darin liegendem Cytoskelett

[5] Kernporen: Der Eukarya Zellkern ist von einer Kernhülle umgeben, die sich aus Cisternen, als Abkömmlinge des Endoplasmatischen Retikulums, zusammensetzt. Dazwischen bleiben nicht wenige Poren mit speziellem Bau aus Proteinen für kontrollierte Ein- und Ausfuhren offen. Sie durchziehen beide Lipiddoppelmembranen der Cisternen.

[6] DNA -Polymerasen: Enzyme, welche die Synthese von DNA aus Nucleotidtriphosphaten (Desoxyribose als Zucker der TTP, ATP, GTP und CTP Nucleotide) als monomere Vorstufen (Einzelvorstufen) katalysieren

[7] RNA-Polymerasen: Enzyme, welche die Synthese von RNA aus Nucleotidtriphosphaten (Ribose als Zucker und Uridintriphosphat, UTP, anstelle von Thymidintriphosphat, TPP, verwenden) als monomere Vorstufen (Einzelvorstufen) katalysieren

[8] mRNA, messenger RNA, Boten RNA: Übersetzt den genetischen Code der DNA in für tRNAs  ablesbare Matrizen.

[9] Proteasen: Proteine oder Peptide abbauende Enzyme, dabei lösen sie durch Hydrolyse die Bindungen zwischen ihren Aminosäuen auf

[10] Ikosaeder: Polyeder mit zwanzig kongruenten, gleichseitigen Dreiecken als Flächen, mit dreißig gleichlangen Kanten und zwölf Ecken, in denen jeweils fünf Seitenflächen zusammentreffen

[11] Histone: Histone sind eine Klasse von basischen Kernproteinen der Eukarya, die die Verpackung der DNA zum Chromatin bilden und aufgrund von posttranslationalen Modifikationen auch regulatorisch in die Genexpression eingreifen. Sie werden in insgesamt 5 Hauptgruppen eingeteilt, nämlich H1, H2A, H2B, H3 und H4. Papillomaviridae besitzen davon H2A, H2B, H3 und H4

[12] Eukarya, Echtzellkerner: Die evolutiv jüngste, fortgeschrittenste der drei bekannten Domänen sind die Eukarya mit echten Zellkernen, mit interner Kompartimentierung aus unterschiedlich gestalteten Zisternen und Vesikeln, sowie hochkomplexen Chromosomen

[13] Epithel: Ein- oder mehrlagige Zellschichten, die alle inneren und äußeren Körperoberflächen von Echten Tieren (Animalia) bedecken

Eingestellt am 6.Juli 2024

.

Papillomaviridae: Gärmutterwarzenviren

2 Befallsbilder (AP)

.

Über achtundneunzig Prozent der Befälle heilen

Ohne Folgen allein wieder aus.

In den übrigen bilden sich Warzen oder Läsionen,

Bei Menschen zumindest an Stellen, die beim Geschlechtsverkehr berührt.

Durch Kontakt erfolgt Übertragung,

Bei Schwulen finden sie oft sich im Arsch.

.

Jahrelang oft verbleiben die Viren, ohne sich groß zu vermehren.

Offenbar spielt eine Rolle dabei des Trägers Immunsystem,

Denn bei Raucherinnen, so heißt es – nur für Frauen bestehen ausreichend Daten –

Träten deswegen Erkrankungen häufiger auf.

.

Sicher sind Warzen allein schon irritierend,

Doch mehr noch besteht doch Gefahr,

Bösartig zu werden, Krebs zu bilden,

Das von Frauen gefürchtete Zervixkarzinom[1].

.

Einige Dutzend medizinisch relevanter Typen sind beschrieben,

Nach ihrem Potential Krebs auszulösen, klassifiziert,

Wobei von vierzig nur vier zu Hochrisikoviren gehören:

Zusammengenommen verursachten sie Gebärmutterhalskrebs zu fast hundert Prozent.

Diese breiten sich, was wunder,

Auf Mund, Penis und Anus mitunter aus.

.

Recht resistent erweisen Papillomaviren sich gegen

Milde Detergenzien[2], wie Seife, auch gegen sauren pH[3];

Zur Virusinaktivierung verwendete, fettlösliche Stoffe,

Deaktivieren sie nicht; sind hitzestabil noch bei 50o.

.

Zu den ältesten nachgewiesenen Viren gehören Papillomaviren.

Leben offensichtlich lang an schon Menschen angepasst:

Maria von Aragons[4] Mumie zeigte Anogenitalwarzen.

Bioinformatik und DNA-Phylogenetik[5] legen nahe, dass

Neandertaler[6] oder Denisova-Menschen[7] Papillomaviren schon hatten,

Die sie wohl aus Afrika nach Europa gebracht.

Zu diesem Befund passe, so ließe sich schließen,

Dieser Viren höchste Prävalenz[8] in Afrika.

.

Vor knapp fünfhunderttausend Jahren, so detaillierte Studien,

Waren Papillomaviren bei frühen Homininen[9] schon manifest.

Vielleicht brachte sie Homo sapiens[10] vor gut einhunderttausend Jahren nach Norden,

Oder Homo heidelbergensis[11], vor sechshunderttausend Jahren aus Afrika mit,

.

Der zum Neandertaler wohl sich später entwickelte

Und sie womöglich bei Kreuzungen auf Homo sapiens übertrug.

.

Doch nicht nur der Mensch wird von Papillomaviren befallen:

Verschiedene Wirbeltierarten[12] leiden durch Hautwucherungen daran;

Wurden zuerst nachgewiesen an erkranken Kaninchen[13].

– Für den Nachweis, Papillomaviren verursachten Zervixkarzinom

Erhielt der Virologe und Mediziner Harald zur Hausen[14]

Zweitausendundacht den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.SL

 .

Fußnoten

[1] Zervixkarzinom: Bösartige Tumore des Gebärmutterhalses; entwickeln sich zumeist aus der Plattenepithelhaut im Bereich des äußeren Muttermunds

[2] Detergenzien: Stoffe, die einen Reinigungsprozess erleichtern

[3] Saurer pH: pH niedriger als 7 (meist deutlich niedriger)

[4 ]Maria von Aragón (1482-1517): Infantin von Aragón und Kastilien und als zweite Ehefrau Emanuel des Glücklichen von 1500 bis zu ihrem Tod Titularkönigin von Portugal.

[5] Phylogenetik: Fachrichtung der Genetik und Bioinformatik, die sich mit der Erforschung von Abstammungen beschäftigt

[6] Neandertaler Mensch: Homo neandertalensis (Hominini – Homininae – Hominidae – Hominoidea – Catarrhini –...)

[7] Denisova-Menschen: Population der Gattung Homo, die eng verwandt ist mit Neandertalern und wie diese den anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) nahesteht, jedoch genetisch von beiden Arten unterschieden werden kann

[8] Prävalenz: vorherrschen; Rate der zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitabschnitt an einer bestimmten Krankheit Erkrankten

[9] Hominini: Menschen i. w. S (Homininae – Hominidae – Hominoidea – Catarrhini – Anthropoidea – …)

[10] Homo sapiens: Hominini (Homininae – Hominidae – Hominoidea – Catarrhini – Anthropoidea – …)

[11] Homo heidelbergensis: Heidelberger Mensch (Hominini – Homininae – Hominidae – Hominoidea – Catarrhini – …)

[12] Wirbeltiere: Craniota (Nothochordata – Chordata – Deuterostomia – Bilateria – Animalia - …)

[13] Hauskaninchen, Karnickel: Oryctolagus cuniculus forma domestica (Leporidae – Lagomorpha – Glires – Euarchontoglires – Boreoeutheria –…)

[14] zur Hausen, Harald (1936-2023): Mediziner und Virologe; Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2008

SL Chen Z, Ho WCS, Boon SS, Law PTY, Chan MCW, DeSalle R, Burk RD, Chan PKS (2017) Ancient evolution and dispersion of Human Papillomavirus 58 Variants. J Virology 91(21): e01285-17

Eingestellt am 6. Juli 2024

.