zum Glossar über:
Chromerida, Farbkomplexspitzler
1 Aufschluss
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Wie ein Bote aus uralten Zeiten
Überlebte Chómera vélia[1], unbeachtet
Tummelnd und schaukelnd inmitten Korallen[2],
Im südaustralischen Meer
Bis der Zufall es wollte,
Dass ein Forscher sie traf.
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Eine flott schwimmende, längliche Alge
Schimmerte grünlich in der Kultur,
Vermehrte sich zügig
Bis sie dem Forscher ihr Leben verschrieb.
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Tiefgefroren, zerrieben,
Mit Chemikalien mehrfach traktiert,
Zentrifugiert und resuspendiert[3],
Gab DNA[4] endlich sie frei.
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Enzymatisch zerlegt, chromatographiert[5],
Maschinen damit beschickt,
Sequenzen verglichen mit Basenfolgen potenzieller Verwandter,
Fehler erkannt, entfernt, repariert.
Staunend schließlich zur Kenntnis genommen:
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Doch die Ultrastruktur bringt’s an den Tag:
Ein Nachfahre Apicas[12]
Überlebte Hunderte Millionen von Jahren
Dank des zerklüfteten Riffs[13].
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Fußnoten
[1] Chromera velia: Chromerida (Aplicomplexa – Wimpeola – Chromalveolata – Eukarya)
[2] Korallen: Blumentiere (Anthozoa – Cnidaria – Animalia – Opisthokonta – Eukarya)
[3] Resupensieren: Einen durch Zentrifugation gewonnenen Niederschlag (Bodensatz in einem Gefäß) wieder gleichmäßig in einer Flüssigkeit, in der er unlöslich ist, verteilen
[4] DNA (=DNS):DesoxyribonucleinicAcid, Desoxyribonukleinsäure; mit einer reduzierten Ribose; das [–OH] am C2 der Ribose fehlt; Baustein der Erbinformation
[5] Chromatographie: Auftrennung eines Stoffgemisches durch unterschiedliche Verteilung seiner Einzelbestandteile (z. B. Farbstoffe von Pflanzen oder Pilzen) zwischen einer stationären (Papier, einheitliche Feststoffe unterschiedlicher Körnung oder anderer Eigenschaften) und einer mobilen Phase (Wasser oder andere Lösungsmittel). Dabei werden aufgrund der Wechselwirkungen zwischen der Probe (gelöstes Farbstoffgemisch), dem stationären Feststoff (Papier, Sand, etc.) und der mobilen Phase (Wasser, Lösungsmittel) die einzelnen Substanzen unterschiedlich schnell weitertransportiert und somit voneinander getrennt.
[6] Polymerasen: Gruppe von Enzymen, welche die Synthese von Polynucleotiden aus Nucleotidtriphosphaten als monomere Vorstufen (Einzelvorstufen) katalysieren
[7] Amplifizieren (allgemein): Vervielfältigen, Vermehren eines bestimmen Produkts; dabei werden je nach Substanz unterschiedliche Methoden angewendet
[8] Amplikon: Bezeichnet in der Biologie eine DNA- oder RNA-Sequenz, die per Amplifikation vervielfältigt wurde
[9] Nucleotide (generell): ATP, TTP, CTP, GTP, UTP
[10] Dino: Dinophyta („Wimpeola“ – Chromalveolata – Eukarya)
[11] Apikalkomplex (Apicomplexa): Besteht aus spiralförmig angeordneten Mikrotubuli (dem Conoid), Sekretionskörpern (Rhoptrien) und einem oder mehreren apexnahen Ringen
[12] Apica: Bezeichnung für hypothetischen Vorfahren der Apicomplexa
[13] Riff: Eine mehr oder weniger lang gestreckte Erhebung, die vom Gewässerboden in Richtung Gewässeroberfläche aufragt.
Eingestellt am 14. Juni 2025
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Chromerida, Farbkomplexspitzler
2 Chromera velia
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Verwurzelt, verbunden mit
Lassen sie Raum einem Band ihresgleichen,
Das, der Enge des Apex geschuldet,
Zum seitlich geschlitzten, spitzenwärts offenen Konus[5],[6} sich krümmt.
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Weit überragt er der Geißeln Basis,
Richtet die beinah geschlossene, rundliche Öffnung,
Ein einzelnes Pärchen zentral verlaufender Tubuli[9],
So wie‘s für Apicomplexa[10] typisch,
Zeigt gleichfalls Velias[11] Verwandtschaft an.
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Eine spiralig gerollte,
Am Konus befestigte Faser liegt,
Vielleicht auf Berührung nur wartend,
Wie ein gespannter Faden eines Ejektosoms[12].
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Agiert er noch oder bleibt er still
Als bloße Reminiszenz
An aggressivere Zeiten,
Weil der Conus finalen Kontakt zum
Opfer allein jetzt will?
Sind Mikroporen im Mundraum als
Aufnahmeorte für Nahrung gedacht,
Oder doch als Potential für noch kommende Zeit?
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Lassen unzählige kleinere Lücken noch frei,
Liegen flach auf längs verlaufenden Tubuli,
Ordnung zu halten in einmal gewählter Position.
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Wo in Korallen[16 ]lebt Chrómera auf?
In Eiern[17] lässt sie sich weithin verbreiten,
Gibt nicht mehr her, was sie einmal besitzt.
Besiedelt auch andere Quellen,
Schwimmt aktiv mit Flagellen
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Fußnoten
[1]A pex: Spitze, Scheitel
[2] Geißel, Flagellum (Eukaryageißel): Charakterisiert durch ihren internen Bau aus 9 peripheren, etwas schräg nach innen gestellten Doppelmikrotubuli (Querschnitt durch die Geißel) und einem zentralen Tubulipaar, das etwas Abstand voneinander hält. Dyneinarme verbinden die Mikrotubuli. Die Geißel ist von der Zellmembran umgeben und gefüllt mit Cytosol. Am Übergang der Geißelbasis in den Zellkörper treten spezielle Verstrebungen, Verstärkungen, auf; eine dünne Querplatte trennt oft den untersten, in die Zelle integrierten Teil, der in seiner Struktur einem Centriol entspricht: Es fehlen die beiden zentralen Mikrotubuli und die peripheren Zwillinge wurden zu Drillingen. Die in der Zelle gelegenen Teile der Geißel sind noch durch verwandtschaftsabhängig gestaltete Haltestrukturen verwurzelt.
[3] Zellmund, Cytostom: Bereich der Zelle bei Einzellern, an dem das Plasmalemma eine tiefe Einsackung zur Nahrungsaufnahme aufweist; Nahrungspartikel werden dort über Endocytose in Nahrungsvakuolen eingeschlossen, worin sie anschließend verdaut werden.
[4] Mikrotubuli: Röhrenförmige Proteinkomplexe innerhalb eukaryotischer Zellen und in Geißeln; Hohlröhren aufgebaut aus den Dimeren α- und β-Tubulinen; funktionieren bei vielen wesentlichen zellulären Prozessen, einschließlich Mitose und Meiose. Mikrotubuli sind gerichtete Strukturen, deren Enden wegen ihrer Polymerisationsrichtung mit plus und minus bezeichnet werden; das α-Tubulin-Ende wird minus-Ende genannt, das β-Tubulin plus-Ende; bilden die Grundlage für das Cytoskelett und spielen eine wichtige Rolle in der Ausbildung der Kernteilungsspindel und im Vesikeltransport.
[5] Konus: Körper von der Form eines Kegels oder Kegelstumpfs
[6] Pseudoconoid: Struktur, die einem typischen Conoid der Apicomplexa sehr ähnlich
[7] Vesikel: Kleine, abgegliederte, rundliche, doppelmembranumhüllte Behälter.
[8] Zellmembran: Lipiddoppelmembran (Bacteria, Eukarya) oder Glyceroldiethermembran (Archaea), die das Zellinnere umgibt; bei Plantae als Plasmalemma bezeichnet
[9] Mikrotubuli
[10] Apicomplexa: Komplexspitzler (Wimpeola – Chromalveolata – Eukarya)
[11] Chromera velia: Chromerida (Aplicomplexa – Wimpeola – Chromalveolata – Eukarya)
[12] Ejectosom: Struktur, die aus einem zylinderartig aufgerollten Band besteht, das ausgestoßen wird und sich entrollen kann; mitunter Trichocyste genannt
[13] Alveolen (Chromalveolata): Flache, oft größerflächige Cisternen unterhalb des Plasmalemmas
[14] Chromera velia
[15] Pellicula: Zellrinde, kompliziert gebaute Zellhülle bei vielen Einzellern mit konstanter Form, die den Zellen Festigkeit verleiht
[16] Korallen: Blumentiere (Anthozoa – Cnidaria – Animalia – Opisthokonta – Eukarya)
[17] Eizellen: Unbewegliche, nährstoffreiche, weibliche, haploide Keimzellen
[18] Aplanosporen: Nichteigenbewegliche, geißellose Sporen
SL Portman N, Foster C, Walker G, Slapeta J (2014) Evidence of intraflagellar transport and apical complex formation in a free-living relative of the Apicomplexa. Eukaryotic Cell 13(1): 10.
Eingestellt am 14. Juni 2025
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