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Trichiales, Faserschleimpilze

1 In freudigen Farben

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Ungestielt, oder in die Höhe gehoben durch ein kurzgeratenes Stielchen,

Öffnen Sporokarpien[1] sich durch der Peridie[2] Zerfall;

Oft bleibt sie stückweise oder als Schale basal noch erhalten;

Gelegentlich sieht einem Pokal sie ähnlich, mit Wattebausch reichlich gefüllt.

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Wenn Stiele die Sporenbehälter heben,

Setzen sie niemals sich im Inneren fort;

Frei liegen oft des Capillitiums[3] Fasern,

Bisweilen sind sie aneinander fixiert.

Hervorquellende Sporen erscheinen hell als freudigfarbenes Pulver,

Farblos wirken sie unter dem Lichtmikroskop. –

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Senfkornähnliche Kugeln bedecken

Den Zweigstumpf des liegenden Asts.

Bringen dichtgesät, hell wie ein leuchtender Fleck,

Wohlgefallen ins Dunkel des Moders.

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Ein Lichtstrahl zielt auf den Boden,

Überglänzt die dottergelb schimmernde Haut,

Die manchen absteht wie klaffende Schuppen;

Andern ein Wuschel dem niedrigen Kragen entquillt.

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Gelb bepudert sind seine Haare,

Gelb bestäubt die Peripherie.

Verwirrung bringt der Hauch deines Mundes:

Sie krümmen, strecken und kräuseln sich wieder,

Locken mehr vom Puder hervor,

Bestreuen feinstaubig benachbarte Kugeln mit gelblichem Mehl.

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Schleudern plötzlich mit heftigem Ruck

Staubfeine Sporen weit in die Gegend hinaus:

Ein leichtes Wehen nimmt sie gelegentlich mit.

Dem Auge entschwunden, schweben sie hin; wo finden sie Rast?

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Trichias[4] feine Fäden reagieren heftig

Auf wechselnde Feuchte der Luft.

Spiralig mit wenig erhabenen Leisten umwunden,

Mit kleinen Stacheln bestückt,

Verhaken sie sich in des Nachbarn verbog‘ne Gestalt,

Spannen den Bogen fast bis zum Anschlag

Bis sich der ständig steigende Druck

Urplötzlich entlädt mit sporenschleudernder Wucht. –

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Hellpurpurn leuchtet das Gitternetz

Aus dem lang gestielten Pokal.

Kurz zuvor noch überdeckte Arcyria[5]

Feinhäutig den kostbaren, löchrigen Ball.

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Sporen befüllen die Räume zwischen festgefügten, fast drehrunden Stäbchen;

Ihre Fläche von querstehenden Graten und

Kantigen Bändern fein rauh.

Sie halten zu lockeren Ballen die wohlverpackte genetische Fracht.

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Das raumerfüllende dichte Gerüst

Bietet die Sporen dem Wind

Gleichsam

Für eine luftumwirbelte Tour.

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Außen liegende Maschen legt am Anfang er frei,

Holt mit folgenden Böen auch die Versteckten hervor,

Fegt am Ende jeglichen Rest noch heraus:

Gesäubert liegt nun das purpurfarbene einst raumerfüllende Netz.

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Die rötlichen Sporen wissen nichts von der Schönheit

Der leergeblasenen schaukelnden Wiege.

Sie sinnen nach Neuem.

Nehmen den Bauplan verschlüsselt mit sich. –

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Fußnoten

[1] Sporokarpien: Fruchtkörper, Sporangien

[2] Peridie: Nichtzellige Abschlussschicht von Sporenbehältern (Sporangien, Fruchtkörper)

[3] Capillitium: Sterile Fasern zum Auflockern und Präsentieren der Sporen, basierend auf ER-Cisternen, die zu arttypischen Formen zusammengesetzt sind; in diese Cisternen meist, doch auch von außen, werden oft chitinhaltige Substanzen abgeschieden, die hohle oder solide Fasern mit oft charakteristischen Oberflächenstrukturen ergeben; diese Fasern können hygroskopisch beweglich sein.

[4] Trichia: Faserschleimpilz (Trichiales – Myxogastromycetidae – Myxogastria – Amoebozoobionta – Amoebozoa –…)

[5] Arcyria: Kelchstäubling (Trichiales – Myxogastromycetidae – Myxogastria – Amoebozoobionta – Amoebozoa –…)

Eingestellt am 14. Juni 2025

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Trichia, Faserschleimpilz, in einigen Details (Originale; Reinhard Agerer)

Unten links: Fruchtkörpergruppe mit aufgeplatzter Peridie und herausstehendem Capillitium; zwischen den Sporokarpien mit Sporen gelb bepuderte Borke.

Übrige Bilder Detailaufnahmen von Capillitiumfasern und Sporen:

Oben links: Übersicht; geschlängelte, einzeln liegende Fasern erkennbar.

Oben rechts: Verdrillte, am Ende zugespitzte Faser(n) mit spiraligem, stachelspitzigem Ornament, dazwischen Sporen mit rauher Oberfläche; in Aufsicht auf die Sporen würde ein Netz zu erkennen sein. Beim Ausschleudern der Sporen aus dem Fruchtkörper, verhaken sich die Fasern durch ihre hygroskopische Bewegung; dabei werden Kräfte aufgebaut, die plötzlich durch Lösung der Spannung in Streckung und Neuverhaken münden und dabei ruckartig die mit dem Ornament an ihnen hängenden und auch benachbarte Sporen wegschleudern. Durch ständigen Wechsel der Luftfeuchtigkeit, was beim Anhauchen unter einer Lupe gut zu erkennen ist, werden die Sporen allmählich ausgeschleudert. Tiere oder Wind nehmen sie mit.

Unten rechts: Capillitiumfaser in größerer Aufnahme; spiraliges Ornament mit kleinen, aufgesetzten Spitzchen gut erkennbar; die dünne zentrale Linie deutet den Hohlraum der Faser an.

Eingestellt am 14. Juni 2025

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Einige Arten der Trichiales

Oben links: Arcyria denudata, Nackter Kelchbecherling

Autor: Dan Molter 

Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license; unverändert

Oben rechts: Arcyria cinerea; Aschgrauer Kelchstäubling

Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license; unverändert

Mitte links: Arcyria obvelata; Nickender Kelchstäubling

Autor: Doug Bowman

Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic license; unverändert

Mitte rechts: Arcyria incarnata; Sienabrauner Kelchstäubling

Autor:T offel

Lizenz: GNU Free Documentation License; unverändert

Unten links: Trichia crateriformis, Kraterförmiger Faserschleimpilz

Autor: Peta McDonald

Unten rechts: Metatrichia vesparium, Wespennestartiger Schleimpilz

Autor: Eva Skific 

Eingestellt am 14. Juni 2025

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