zum Glossar über:
Discosea, Scheibenamöben
1 Eine von mehreren Unterklassen
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Abgeflachte Amöben sammeln sich in dieser Klasse.
Bewegen mit flachen Pseudopodien[1] sich, zylindrische kennen sie nicht;
Behalten des Körpers Form, wenn sie gleiten,
Wofür polyachsialer[2] Cytoplasmatransport wohl verantwortlich ist,
Falls sich gerichtete Strömungen überhaupt zeigen;
– Niemals mit Protoplasma[5] nur mit Ektoplasma gefüllt –
Die allenfalls kurz, falls tatsächlich vorhanden,
Niemals zugleich verzweigt und zugespitzt sind. –
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Eine dieser Amöben, Acanthamoeba castellanii[6],
Gehört zur Unterklasse Longamoebia[9]:
Verlängerte, abgeflachte Zellen, deren Subpseudopodien zugespitzt,
Mit in Reihe geordneten Centriolen[10], beeindrucken auch Experten.
Doch sei, so stellen sie fest,
Das Taxon alles andere als homogen[11]. –
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Wie auch immer, hier soll uns nur Acanthamoeba interessieren
Mit der medizinisch bedeutsamen Art[12].
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Stacheln, daher der Name, trägt potenziell sie überall auf dem Rücken,
Nicht als permanente Gebilde, nicht ein für alle Mal,
Sie kommen und verschwinden auch wieder;
Zur Wehr sollen sie sein, auch zum Vorwärtsdrücken im Raum.
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Starre, kräftige Actino-Myosin[13]-Bündel drücken die
Haut radial zu Spitzen empor!
Sie erweichen und zerlegen sich wieder,
Sammeln an anderen Stellen zum radialen Bündel sich neu.
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Weltweit verbreitet ist Acanthamoeba als Gattung;
Auch die problematische Art, die in Wirklichkeit nicht eine nur ist:
Lebt ubiquistisch[14] in Böden, in süß- und in salzwasserhaltigen Biotopen,
Denn in Stäuben verträgt ihre Cysten[15] der Wind.
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Raffiniert umbaut sich dafür die Amöbe mit doppelter Hülle:
Dagegen zuvorderst aus Cellulose[18] die innenliegende,
Wobei ein dünner Leerraum zwischen die beiden sich legt.
Kontakt mit dem Außenraum will sie bewahren,
Durchstößt mit Fortsätzen die doppelte Wand;
Doch auch sie bleiben nicht einfach der Umwelt ergeben:
Ein kleiner Deckel schützt sie vor der Umgebung Griff.
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Durch Einatmen oder Kontakt mit Wunden
Immunsupprimierter Menschen, breiten sie bevorzugt sich aus,
Gelangen über die Blutbahn in des Betroffenen Körper,
Schließlich auch ins Gehirn.
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Über Monate dauert die Inkubation[19], bis Symptome sich zeigen, wie
Übelkeit, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Somnolenz[20];
Krampfanfälle, neurologische Ausfälle können die Krankheit begleiten.
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Doch nicht immer müssen Infektionen sich als Tragödie zeigen:
Amöben-Keratitis[23] gilt als harmloserer Fall,
Wenn zwischen Kontaktlinsen und Hornhaut[24] Amöben sich zwängen,
Oder Läsionen[25] bilden in unserer Haut. –
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Viel weniger aggressiv für Mensch und Umgebung
Zeigt sich Mayorella viridis[26]. Denn
Aber nicht alles verdaut sie, was sie so fängt.
Manche Algen lässt sie am Leben,
Spannt sie als Zoochlorellen[29] für ihr eigenes Leben ein;
Grün wurde sie dadurch,
Und lagerte damit doch nur lebende Schminke sich ein.SL
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Fußnoten
[1] Pseudopodien: Vorübergehend als Füßchen wirkende Ausstülpungen von Amöben
[2] Polyachsial: Protoplasmaströmungen mehrerer Achsen entlang
[3] Subpseudopodium: Pseudopodium, das nur Ektoplasma enthält
[4] Ektoplasma: Äußerer, organellen- und granulafreier cytoplasmatischer Bereich des Protoplasten
[5] Protoplast, Protoplasma: Gesamter Inhalt einer Zelle
[6] Acanthamoeba castellanii: Castellans Stachelamöbe (Acanthamoebidae; nicht separat behandelt –Longamoebia; nicht separat behandelt – Discosea – Amoebozoobionta – Amoebozoa – Eukarya)
[7] Fakultativ: Frei in der Wahl einer Möglichkeit, im Gegensatz zu obligat
[8] Opportunistisches Pathogen, opportunistischer Parasit: Normalerweise nichtpathogene, nichtparasitische Organismen nutzen nur geschwächte Organismen (z. B. immunsupprimierte Personen) für dann parasitisches Wachstum
[9] Longamoebia; nicht separat behandelt (Discosea – Amoebozoobionta – Amoebozoa – Eukarya)
[10] Centriol als Mikrotubuliorganisationszentrum: Zylinderförmige Struktur im Doppelpack nahe der Kernhülle, die sich in vielen lebenden Zellen befindet. Centriolen haben eine Größe von etwa 170 × 500 Nanometern; sind an der Bildung des Mikrotubuliorganisationszentrums beteiligt, das die Mikrotubulispindel für die Chromosomen-, bzw. Kernteilung bildet. Centriolen kommen in den meisten tierischen Zellen vor, sowie in Pflanzen, nicht jedoch bei Rhodophyta, Rotalgen und Magnoliatae, Bedecktsamer; auch nicht bei Unbegeißelten Chitinpilzen. Charakteristisch ist ihr spezieller Bau aus 9 x 3 Mikrotubuli.
[11] Homogen (Taxon): Eine monophyletische Verwandtschaft (Art, Gattung, Familie, etc.)
[12] Acanthamoeba castellanii
[13] Actinomyosin-Komplexe: Actin bildet mit Myosin für Bewegungen in Zellen Komplexe mit mehreren Fibrillen; Myosin als Motorprotein, kann Verknüpfungen zu verschiedenen Actin-Fibrillen herstellen und dadurch die Fibrillen aneinander vorbeiziehen, was in Zellbewegungen münden kann.
[14] Ubiquistisch: Ist eine Art, die zumindest in einem Teil ihres Verbreitungsgebietes unterschiedliche Lebensräume besiedelt
[15] Cyste: Mit widerstandsfähiger Wand umgebene Überdauerungsform von Zellen, von mehrzelligen Gebilden, gar von winzigen Organismen
[16] Polysaccharide: Vielfachzucker aus einer großen, unbestimmbaren Zahl von Einfachzuckern (Monosacchariden)
[17] Proteine: Aus Aminosäuren aufgebaute, komplexe Moleküle. Die [–NH2]-Gruppe einer Aminosäure wird mit der Hydroxylgruppe [–OH] der Säurefunktion [–COOH] unter Wasserabspaltung verknüpft, dabei entsteht eine charakteristische Abfolge von Atomen: [–C–N–C–C–N–]n, wobei das unmittelbar dem [N] benachbarte [C] einen doppelbindigen Sauerstoff [–C=O] trägt, das zweite der beiden benachbarten den Aminosäurerest
[18] Cellulose: Unverzweigte Ketten aus Glucose in β-1,4-Verknüpfung; wobei der 6C-Zucker Glucose in Ring-Form geschrieben, das C1 der Aldehydgruppe ist [CH2OHCHOHCHOHCHOHCHOHCHO], davon aus gerechnet ist der vierte Kohlenstoff das C4 ist. In Ringform geschrieben weist die OH-Gruppe des C1 nach oben, wie auch die frei gebliebene CH2OH-Gruppe. Die OH-Gruppen wechseln von 1 bis 4 die Stellung: C1 nach oben, C2 nach unten, C3 noch oben, C4 nach unten, an C5 hängt die nach oben stehende CH2OH-Gruppe.
[19] Inkubation: Bebrüten
[20] Somnolenz: Schläfriger Zustand in Form einer Bewusstseinsstörung. Betroffene sind jedoch durch äußere Reize wieder zu wecken
[21] Granulomatös: knötchenbildend
[22] Enzephalitis: Entzündung des gesamten Hirngewebes oder Teilen davon
[23] Keratitis: Entzündung der Hornhaut des Auges
[24] Hornhaut (Auge): Auch Cornea genannt, ist die glasklare vordere Begrenzung des Auges. Ähnlich wie ein Fenster lässt sie das Licht in das Auge und ist deshalb entscheidend für gutes Sehen
[25] Läsionen: Gewebeschädigungen durch Absterben oder Verletzung von Gewebe; bei Blättern oft mit Durchbruch verbunden
[26] Mayorella viridis (Dermamoebida; nicht separat behandelt – Discosea – Amoebozoobionta – Amoebozoa – Eukarya)
[27] Bakterien: Bilden zusammen mit Archäen die sog. Prokaryo(n)ten, die noch keinen echten Zellkern und keine komplex gebauten Chromosomen besitzen. Sie unterscheiden sich grundsätzlich voneinander. Deshalb wurden die Archäen in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts als eigene Organismen-Domäne der Domäne der Bakterien gegenübergestellt
[28] Algen: Eine organismenreichübergreifende Bezeichnung für überwiegend im Wasser lebende Thallophyten
[29] Zoochlorellen: Endosymbionten in einer Reihe von Lebewesen. Bei den Zoochlorellen handelt es sich meistens um Algen der Chlorophyta, womöglich meist der Chlorococcales
SL Tekle Y, Wood FC (2017) Longamoebia is not monophyletic: Phylogenomic cytoskeleton analyses provide novel and well-resolved relationships at amoebozoan subclades. Mol Phyl Evol 114: 249-260
Eingestellt am 14. Juni 2025
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Acanthamyoeba keratitis
Links: Phasenkontast
Autor: Jacob Lorenzo-Morales, Naveed A. Khan and Julia Walochnik
Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International license; unverändert
Rechts: Interferenzkontrast
Autor: Jacob Lorenzo-Morales, Naveed A. Khan and Julia Walochnik
Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International license; unverändert
Eingestellt am 14. Juni 2025
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Mayorella sp. (oben, mit Beschriftung)
Autor: Andrei Savitsky
Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International license; unverändert
Mayorella viridis(Mitte und unten)
2 Bilder “from Arcella.nl, courtesy of Ferry Siemensma”, 1. 3. 2025
Mitte: Zoochlorellen deutlich zur kennen.
Unten: Mit einverleibter pennaler Kieselalge
Eingestellt am 14. Juni 2025
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