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Corallinidae, Echte Korallen
1 Die Kostbarste
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Ohrringe, rote, korallenrote von Eurostückgröße,
Hängen an Ohrläppchen der vornehmen Frau,
Der Kenner Blicke an sich zu ziehen;
Doch wer kennt heut noch Korallen von Modeschmuck weg?
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Stammten von Riesenkorallen, die im Mittelmeer von Felsen gebrochen,
Aus Zeiten als Korallenbänke[1] noch nicht so überfischt,
Noch nicht mit Stangen und Netzen und Taucherausrüstung
Auch noch die dünnsten nach oben geholt.
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Doch die kostbaren Korallen, mit leuchtendem Rot gingen der Dame verloren!
Unerschwinglich erweis sich tröstender Kauf.
Kein entsprechendes Rot mehr ließ sich finden,
Nur in hellem und in fast bräunlichem Ton
Lagen welche, wofür ihr Portemonnaie[2] bereit war, zu geben.
Nun griff sie doch, was zuvor sie verpönte, zum korallenroten Modeschmuck.
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Fußnoten
[1] Korallenbank, Korallenriff: Große, festgefügte Formation von Korallen im Meer
[2] Portemonnaie: Geldbörse
Eingestellt am 23. November 2024
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Corallinidae, Echte Korallen
2 Der Korallenstock
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Unregelmäßig und spärlich verzweigt steht Rubrum[1]
Daumengroß bis ellenlang am felsigen Grund;
Bis zu drei Centimeter kann, wenn älter, die Basis werden,
Auf drei bis fünf Millimeter dünnt ihre Spitze aus.
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Die kalkigen Äste sind aus kalkverbund‘nen Scleriten[2] entstanden:
Variabel ihre Gestalt,
Oval, spindelig, strahlig, keulig.
Zinnoberrot, Dunkel- bis Leuchtendrot steht der steifragende steinharte Strauch,
Selten auch pink oder weißlich,
Wie auch das dünne Coenenchym[3], der Äste Bezug.
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Herrlich kontrastreich heben sich weiße,
Nahezu transparente Polypen ab,
Zwei bis acht Millimeter wachsen in Länge nur diese Kostbaren pro Jahr.
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Lichtscheu sind sie, wie immer wieder berichtet,
Gönnen gerne sich schattige Plätzchen, denn Zooxanthellen[6] kennen sie nicht;
In flacherem Wasser steh’n sie bevorzugt in Höhlen,
Freistehend in schwachem Licht nur, von Überhängen und Spalten geschützt.
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Sitzen dichtgedrängt an engen Stolonen[9] am Rande des Coenenchyms.
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Eizellen werden in Polypen befruchtet,
Bleiben, bis sie Planula[10] geworden, in der Mutter Schutz,
Leben einige Tage planktontisch[11], etwas entfernt sich anzusiedeln,
Setzen danach als Primärpolypen[12] sich fest,
Erste Sclerite werden zur Achse verbunden,
Stolonen durchzieh’n das Coenenchym,
Immer mehr der Polypen knospen, werden mit der Zeit rötlich,
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Von vierzig bis einhundert Metern Tiefe
Finden normal sie den Aufenthaltsort;
Kommen in westlichem und zentralem Mittelmeer vor, sowie im angrenzenden Atlantik:
An Portugals, an Marokkos Küsten, an den Kanaren, an den Kapverden sogar. –
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Womöglich hätte die tiefenttäuschte Dame doch besser Ausschau gehalten nach
Neuem Korallenschmuck pazifischer Arten und dortiger Produktion.
Erschwinglicher wären vielleicht sie gewesen.
Doch wer lässt sich schon hohe Gewinne entgeh’n?
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Fußnoten
[1] Corallium rubrum: Edelkoralle (Corallinidae – Der Scleralcyonacea Rest – Scleralccyoacea s. l. – Octocorallia – Anthozoa – …)
[2] Sclerite, Scleren, Spicula: Oft nadelförmige Gebilde
[3] Coenenchym: Dicke Gewebeschicht als gemeinsame Lebensbasis von Polypen, ohne im Inneren ein Skelett zu bilden.
[4] Oktokorallen: Octocorallia (Anthozoa - Cnidaria – Animalia – Opisthokonta – Eukarya)
[5] Tentakel: Nesselzellenbestückte, bewegliche Fangarme der Cnidaria
[6] Zooxanthellen: Endosymbionten in einer Reihe von Lebewesen. Bei den Zooxanthellen handelt es sich meistens um Dinoflagellaten; aber auch um Chrysomonden, Cryptomonaden oder Diatomeen kommen vor
[7] Schlauchpolypen, Siphonopolypen: (Fast) tentakellose Polypen, die nur der Wasserversorgung und dem Wasseraustausch für Sauerstoffgewinnung dienen
[8] Nährpolypen, Fresspolypen: Typische, mit Fangtentakel versehene, sich mit Beute versorgende Polypen
[9] Stolonen: Basale hohle Ausläufer, die benachbarte Polypen miteinander verbinden
[10] Planula: Birnförmige bis länglich ovale bis keulenförmige, außen bewimperte Larve der Cnidaria
[11] Als Plankton
[12] Primärpolyp, Stammpolyp: Polyp, der sich als erster ansiedelt, um, nach und nach sich verzweigend, sich mit weiteren Polypen zu versehen
[13] Zooplankton: Gesamtheit der im Wasser freischwebenden oder mit geringer Eigenbeweglichkeit schwimmende, tierische Organismen, deren Ortswechsel hauptsächlich durch Wasserströmungen vermittelt wird
[14] Carotinoide: Carotinoide sind lineare Kohlenwasserstoffe mit vielen konjugierten Doppelbindungen (= benachbarte Kohlenstoffatome sind in wechselnder Abfolge mit einer einfachen und einer Doppel-bindung miteinander verknüpft), an deren beiden Enden jeweils ein Kohlenstoffring aus sechs Atomen hängt. Je nach Lage einer Doppelbindung in diesen Sechserringen und ob eine Hydroxylgruppe [–OH] oder andere zusätzliche Gruppen an Sechserringen hängen, werden verschiedene Typen an Carotinoiden unterschieden, die auch in ihrer Färbung voneinander abweichen und somit Licht anderer Wellenlängen aufnehmen können; nicht selten nur als Farbstoff vorhanden.
Eingestellt am 23. November 2024
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Oben: Edelkoralle, Corallium rubrum
Autor: Géry Parent
Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license; unverändert
Unten:Edelkoralle, Corallium rubrum
Autor: Yoruno
Lizenz: Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“; unverändert
Eingestellt am 23. November 2024
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