zum Glossar über:

Demospongiae, Horn- und Kieselschwämme i.e.S.

1 Der Schwämme Mehrzahl

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Über siebentausend Arten der mehr als achttausendfünfhundert geschätzten

– Elftausend Namen existieren aber, viele davon zu andern wohl synonym –

Umfassen Demospongiae, die eigentlichen Horn- und Kieselschwämme;

Sponginfasern[1] stützen wohl alle, Spicula[2] jedoch

Haben manche womöglich gar nicht gewonnen,

Vielleicht gar wieder reduziert.

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Megascleren[3] erlauben, der Kieselkonstruktion Achsen zu zählen,

Die spiegelbildlich sie teilen, weil ausreichend groß:

Ein- und vierachsig bau’n Demospongiae Spicula,

Von Spongin meist verbunden und unterstützt;

Manche Sippe[4] verzichtet völlig auf beides, nimmt fibrilläres Kollagen[5] an seiner Statt.

Einige Gruppen besitzen Kalksockel[6], was als Reliktmerkmal[7] gilt.

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Eine solide Morula[8], ein Kugelzellhaufen,

Gilt als der Larvenentwicklung[9] Ausgangspunkt,

Wovon zwei Wege der Ontogenese[10] weiterführen:

Hin zur Clavablastula[11]- oder Parenchymula[12]-Larvenart.

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Der Sterroblastula Zellen ergeben, ungleich sich teilend, kleinere

Randzellen werden sie später, die groß gebliebenen wandern ein,

Füllen die Kugel wohl als Archaeocyten[13],

Wandern dazu ins Zentrum, füllen es aus,

Zu Choanocyten[14] werden die kleineren Zellen.

Geißellos bleibt der Larve hintere Front,

Sclerocyten[15] liegen im Innern bereits.

So statten Parenchymulalarven sich aus.

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Wird die Sterroblastula zur Clavablastula,

Ordnen der soliden Kugel Zellen sich zur typischen Blastula[16] an:

Zweischichtig scheint zunächst sie zu werden;

Sich teilende, einwandernde Zellen bilden nämlich darin

Eine zusätzliche, zu Archaeocyten wohl werdende, sich dann aber auflösende Lage;

Begeißelt[17] wird die Larve nun außen rundum.

Auch zeigt sich nun ein Hinterpol, der begeißelt und flachere Zellen besitzt.

So schwimmen beide Larventypen frei im Wasser umher

Bis am Substrat das Jugendstadium mit Vorderpol,

Zum adulten Schwamm sich wandelnd, fest sich setzt.

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Ovipar[18] oder vivipar[19] sich fortzupflanzen,

Stellte evolutiv bei Demospongien sich ein.

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Sie leben mit höchstentwickeltem Schwammtyp,

Mit Körpern von Leucon-Organisation[20].

Einzelne kurze Flagellen[21] tragen viele Demospongien,

Auch durchbohrte Porocyten[22] treten dort auf.

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Nicht wenige Demosponienarten beherbergen

Beträchtliche Mengen Bakterien[23] und Algen[24], die,

So wird begründet vermutet,

Tragen als Symbionten[25] zur Ernährung der Schwämme bei;

Liegen zumeist in der Matrix[26],

Bei einigen aber intrazellulär[27] vakuolär[28].

Eukaryotische Algen[29] und Cyanobakterien[30] bevorzugen äußere Lagen,

Bakterien eher das Mesohyl[31],

Wie auch Schwämme mit fotosynthetisch[32] aktiven Symbionten

Eher leben in der Nähe des Lichts.

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Die siebentausend Arten der Sippe

Zeigen große ökologische und morphologische Diversität;

Finden zusagende Nischen in allen wässrigen Habitaten vom

Süßwasser bis in die Tiefsee[33] auf mehr als achttausend Meter hinab.

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Fußnoten

[1] Spongin (Schwämme): Spezielles, jodhaltiges Kollagen, das als Faserprotein die meisten Porifera stützt

[2] Spicula: Nadelförmige Gebilde aus Spongin, Calciumcarbonat oder Siliciumdioxid

[3] Megascleren (Schwämme): Scleren (Spicula) werden nach ihrer Größe eingeteilt, wobei keine klare und scharfe Größenklassifizierung vorgenommen werden kann. Megascleren streuen im Bereich von 0,1 – 1 mm (ausnahmsweise bis zu Dutzenden cm) Länge; Microscleren liegen im Bereich von 0,01 – 0,15 (0,3) mm.

[4] Sippe: Unter Sippe wird eine nicht genauer genannte Verwandtschaft verstanden, im Gegensatz zu Gruppe, die lediglich eine Gruppe nicht näher verwandter Organismen bezeichnen will

[5] Kollagen: Heterogene Gruppe von Proteinen; der wichtigste Faserbestandteil von Sehnen, Knorpeln, Blutgefäßen und Zähnen; bildet eine linksgängige Schraube, wobei jeweils drei dieser Schrauben in einer rechtsgängigen Superschraube arrangiert sind, dem eigentlichen Kollagen; diese Trippelschraube wird durch Wasserstoffbrücken zwischen den einzelnen Strängen stabilisiert; nur bei Animalia (Echte Tieren) vorkommend.

[6] Kalksockel: Podest aus Kalk, auf dem der Schwamm sitzt

[7] Reliktmerkmal: Darunter wird ein bei Organismen schon früh vorhandenes Merkmal verstanden, das aber bei heutigen Sippen nur noch vereinzelt auftritt

[8] Sterroblastula: Ein frühes ontogenetisches Stadium der Animalia, das einer dicht gepackten, vielzelligen Morula, also einem großen kugligen Zellhaufen entspricht

[9] Larven: Jugendstadien von Tieren, die sich grundsätzlich vom Erscheinungsbild Erwachsener unterscheiden und erst nach einer Metamorphose Adultgestalt annehmen

[10] Ontogenese (oft Ontogenie): Vorgang der Entwicklung des Individuums von der Zygote ab

[11] Clavablastula-Larve: Bei dieser Larvenart ordnen sich zunächst die Zellen der Stereoblastula zur Blastula an, wonach eine zweite, konzentrische Zellschicht angelegt wird; die innere verliert ihre Ordnung und wird ihrerseits zu einem unregelmäßig gestalteten Zellhaufen, der wohl aus Archaeocyten besteht; die Außenzellen der Larve entwickeln Geißeln, um ihr Schwimmen oder Kriechen zu ermöglichen

[12] Parenchymula-Larve: Bei dieser Larvenart entstehen am Rande der Sterroblastula besonders große kuglige Zellen, die nach und nach ins Innere verlagert werden, das Innere ausfüllen, als Archaeocyten wirken, Sclerocyten Ursprung geben für die Bildung erster Spicula; nur der Hinterpol der Larve bleibt geißelzellenfrei

[13] Archaeocyten: Totipotente, wandernde und transportierende Zellen im Mesohyl der Schwämme

[14] Choanocyten, Kragengeißelzellen (Schwämme): Besitzen einen Ring aus Mikrovilli, feinste schleimbedeckte Ausstülpungen der Zelle, in deren Mitte eine Geißel schlägt, die bei vielen Arten beidseits mit einer Fahne aus engschließenden Fäden bedeckt ist, um damit Wasser effektiver zu bewegen

[15] Sclerocyten, Scleroblasten: Spicula bildende Zellen

[16] Blastula: Einzellschichtiges Hohlkugelstadium während der Ontogenese von Animalia

[17] Flagellum, Geißel (Eukaryageißel): Charakterisiert durch ihren internen Bau aus 9 peripheren, etwas schräg nach innen gestellten Doppelmikrotubuli (Querschnitt durch die Geißel) und einem zentralen Tubulipaar, das etwas Abstand voneinander hält. Dyneinarme verbinden die Mikrotubuli. Die Geißel ist von der Zellmembran umgeben und gefüllt mit Cytosol. Am Übergang der Geißelbasis in den Zellkörper treten spezielle Verstrebungen, Verstärkungen, auf; eine dünne Querplatte trennt oft den untersten, in die Zelle integrierten Teil, der in seiner Struktur einem Centriol entspricht: Es fehlen die beiden zentralen Mikrotubuli und die peripheren Zwillinge wurden zu Drillingen. Die in der Zelle gelegenen Teile der Geißel sind noch durch verwandtschaftsabhängig gestaltete Haltestrukturen verwurzelt.

[18] Ovipar: Eizellen oder Zygoten verlassen das Mutterzoon

[19] Vivipar: Lebendgebärend; bereits entwickelte Larven, oder (junge) Adulte verlassen das Mutterzoon

[20] Leucon-Typ (Schwämme): Verzweigt Zufuhrkanäle und ordnet unzählige Kammern traubig zu dreidimensionalen Komplexen, bekleidet abführende Kanäle, nicht nur den Innenraum, wie dies beim Sycon-Typ der Fall ist, mit Pinacocyten.

[21] Flagellum, Geißel (Eukaryageißel)

[22] Porocyten, Porenzellen: Von einem Kanal als Einströmöffnung durchzogene Zelle

[23] Bakterien: Bilden zusammen mit Archäen die sog. Prokaryo(n)ten, die noch keinen echten Zellkern und keine komplex gebauten Chromosomen besitzen. Sie unterscheiden sich grundsätzlich voneinander. Deshalb wurden die Archäen in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts als eigene Organismen-Domäne der Domäne der Bakterien gegenübergestellt

[24] Algen: Eine organismenreichübergreifende Bezeichnung für überwiegend im Wasser lebende Thallophyten

[25 ]Symbionten: Organismen, die wechselseitig zu beiderseitigem Vorteil dem anderen nehmen; auch als wechselseitige Parasiten verstehbar

[26] Matrix: Zwischen festen Teilen (z. B. Zellen oder Fasern) liegende amorphe Substanzen, um Stabilität und Zusammenhalt zu geben

[27] Intrazellulär: In der/einer (fremden) Zelle

[28] Vakuolär: In/mit Vakuolen

[29] Eukaryotische Algen: Algen mit echtem Zellkern

[30] Cyanobacteria: Blaualgen (Bacteria)

[31] Mesohyl: Zwischen äußerem und innerem Pinacoderm liegt die schleimige Matrix der Schwämme mit Versteifungselementen und wandernden Zellen verschiedenster Art

[32] Fotosynthetisch (Fotosynthese): Umwandlung von Lichtenergie in Energie organischer Moleküle. Dabei wird letztlich CO2über komplexe Vorgänge zu energiereicher Glucose aufgebaut. Mit Hilfe von Chlorophyll (Licht!), erzeugtem ATP (zyklischer Elektronentransport) und NADPH2(azyklischer Elektronentransport) werden von Zellen Zucker synthetisiert

[33] Tiefsee: Weitgehend bis völlig lichtlose Bereiche des Meeres, die unterhalb einer Tiefe von mindestens 200 m liegen

Eingestellt am 23. November 2024

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Ontogenese zweier Larventypen (ppt-, tusche- und kreidegeneriert; Reinhard Agerer)

Von Morula über Sterroblastula zu Parenchymula-Larve (oben, von links nach rechts).

Von Morula über zweischichtige Blastula (innere Schicht durch Delamination aus äußerer Schicht entstanden) zur Clavablastula (unten, von links nach rechts).

Nach Westheide & Rieger (2013), Seite 95, Abbildung 150

Eingestellt am 23. November 2024

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